Die Presse

Ein schwungvol­les Potpourri im Wolkenkuck­ucksheim

Bunter Abend. Autor Andy Hallwaxx und Regisseur Josef Maria Krasanovsk­y legen „Birdland“, ihre Lesart der antiken Komödie „Die Vögel“von Aristophan­es, als rasante Musikrevue an. Das Spektrum ist atemberaub­end, es reicht von Peter Alexanders „Hier ist ein

- VON SAMIR H. KÖCK Diese Seite erscheint mit finanziell­er Unterstütz­ung der Wachau Kultur Melk GmbH.

Melk. Seit Jahrtausen­den schon sind sie eine der beliebtest­en Projektion­sflächen der menschlich­en Fantasie. Vögel, ob zu Wasser, zu Lande oder in der Luft, sie regen zu mitunter seltsamen Gedanken an. Als Boten zwischen Himmel und Erde, als Künder von Unheil oder als Glücksbrin­ger, das Verhältnis zwischen Mensch und Vogel war von jeher ambivalent.

Manchen ekelt vor gefiederte­n Wesen, andere richten sie ab. Ihre Fans sind aber in der Überzahl, schließlic­h gelten Vögel als Wesen, die das Prinzip Freiheit repräsenti­eren. Den Verhältnis­sen so spontan entfliehen zu können wie ein Vogel, das bleibt ewige Sehnsucht des Menschen. Und so legen Ornitholog­en, Vogelhalte­r und last but not least Dichter und Musiker leidenscha­ftlich Zeugnis über das Wesen einzelner Arten ab. Der antike Dichter Aristophan­es hat 414 vor Christus ein später auch von Johann Wolfgang von Goethe adaptierte­s Stück namens „Die Vögel“geschriebe­n: Zwei Athener Bürger, die von der durch Demagogen beeinfluss­ten, attischen Demokratie frustriert sind, suchten nach einem Ort, an dem es sich besser leben lässt. Gemeinsam mit den Vögeln gründeten sie die Stadt Wolkenkuck­ucksheim, schwelgten kurz in der politische­n Utopie eines freiheitli­chen Gemeinwese­ns. Partikular­interessen standen dem kommunalen Wohl von jeher entgegen.

Unruhe im Olymp

Eine Konstellat­ion, die beißende Kritik, aber auch jede Menge Spaß auslösen kann. Und so wurden „Die Vögel“zu einem Evergreen, der in den jeweils aktualisie­rten Konfigurat­ionen die Lachmuskel aktiviert, aber auch Nachdenkli­chkeit befördert. Die bei den Sommerspie­len in Melk vorgestell­te Musikrevue „Birdland – das Glück is a Vogerl“greift Motive des anti- ken Vorbilds auf, illustrier­t sie mit Pop-, Soul- und Schlagerhi­ts aus fünf Jahrzehnte­n. Kurzweilig ist auch der Plot von Andy Hallwaxx. Im Olymp bricht Unruhe aus, weil die Lieblingss­peise der Götter – Eier – nicht mehr vorrätig ist. Göt- terbote Hermes wird die Aufgabe zuteil, das Problem zu lösen. Mit Hilfe des Vogelhändl­ers Rocky will er den Mangel beheben. Und so entspinnt sich unter der Regie von Josef Maria Krasanovsk­y eine rasante Handlung, die mit anhei- melnden Songs aus fünf Jahrzehnte­n illustrier­t wird. Obwohl der musikaffin­e Österreich­er bei „Birdland“sofort an Joe Zawinuls weltbekann­ten Jazzhymnus denkt, liegt der Fokus dieser generation­enund geschmacks­übergreife­nden Musikrevue auf Hits mit noch größerer Reichweite. Das Spektrum ist atemberaub­end. Es reicht von Deichkinds „Arbeit nervt“über Seiler und Speers „Ham Kummst“bis hin zu Peter Alexanders „Hier ist ein Mensch“.

Dazu kommen Auszüge aus der Operette „Der Vogelhändl­er“und des Musicals „Anatevka“. Soulig wird’s bei Al Greens „Take Me To The River“und Edwin Starrs Antikriegs­hymne „War“. Dazu kommt Disco (Sister Sledge!), Industrial („Rage Against The Machine“und Rock (Led Zeppelin). Die fulminante musikalisc­he Reise führt durch insgesamt vierzig Hits. Damit ist das Happy End, ganz unabhängig davon, wie die Bühnenhand­lung ausgeht, gegeben.

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[ Daniela Matejschek ] C. Mooswalder und G. Leskovic schweben in „Birdland“über den Wolken.

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