Die Presse

Die Natur zum Leuchten gebracht

Auktionsha­us im Kinsky. Die 118. Auktion des Auktionsha­uses im Kinsky lädt ein zu einem Streifzug durch die österreich­ische Kunstgesch­ichte des 20. Jahrhunder­ts.

- VON JOHANNA HOFLEITNER

Wien. Malerei und Zeichnunge­n von Schiele, Klimt, Moser, eine hochkaräti­ge Selektion von Stücken der Wiener Werkstätte, allen voran Josef Hoffmann, dazu die wichtigen Positionen der österreich­ischen Malerei des 20. Jahrhunder­ts wie Boeckl, Egger-Lienz, Weiler: Die 118. Kunstaukti­on im Auktionsha­us im Kinsky bietet nicht nur einen handverles­enen Streifzug durch die heimische Kunstgesch­ichte des 20. Jahrhunder­ts; mit einer Reihe marktfrisc­her Lose lässt sie zudem Sammlerher­zen höher schlagen.

Jugendstil, Klassische Moderne

Die großen Namen der Wiener Werkstätte präsentier­t die Eröffnungs­auktion „Jugendstil & Design“. Josef Hoffmann ist gleich zum Auftakt mit einem ganzen Block von Werken vertreten. Kleine Objekte wie eine Nussholzdo­se, ein Fingerhut, eine Ledermappe oder eine Silberbros­che mit Halbedelst­einen (40.000–80.000 €) stimmen ein auf die Souveränit­ät des Meisterent­werfers im Umgang mit Form, Material und Funktion. Nachgerade historisch­en Stellenwer­t hat sein„Teeservice“von 1928 (50.000–100.000 €). Gefertigt aus massivem Silber und Obstholz präsentier­t sich das Ensemble auf einer runden Anbietetas­se. Ein durchgehen­des Hammerschl­agdekor verbindet die Teile miteinande­r. Säulenarti­g geriffelte Beine verweisen auf Hoffmanns neoklassiz­istische Phase, lassen aber auch Einflüsse des Art deco´ anklingen. Entworfen hat Josef Hoffmann das Teeservice zum 25-Jahr-Jubiläum der Wiener Werkstätte im Jahr 1928. Nach Jahren der wirtschaft­lichen Krise hoffte man mit dem Eintreten eines neuen potenten Geldgebers auf Erholung und Aufschwung. In seiner Eleganz ist das Service, das trotz seines hohen Preises von sieben Kunden bestellt worden war, Ausdruck dieser Zuversicht. Das Service war auch ein Hauptexpon­at bei der WerkbundAu­sstellung 1930. Das angebotene Teeservice stammt aus dem Besitz der Familie des Ersteigent­ümers, dem es Hoffmann als Freundscha­ftsgeschen­k gewidmet hatte.

Mit Koloman Moser steht eine weitere Galionsfig­ur der Wiener Werkstätte im Mittelpunk­t der Abendaukti­on „Klassische Moderne“. Der Mitbegründ­er der Wiener Werkstätte war nicht nur ein großer Kunsthandw­erker, sondern auch Maler und Grafiker. Sein OEuvre umfasst rund 205 Gemälde. Die vor Kurzem wiederentd­eckten „Schwertlil­ien“(250.000-500.000 €) sind 1911/14 im Garten von Mosers Villa auf der Hohen Warte entstanden. Mit seinen Lichtaureo­len, die die dunklen Blüten zwischen den schwertför­migen Blättern zum Leuchten bringen, bildet es den Abschluss von Mosers Werkgruppe der Gartenbild­er. Der alltäglich­e Blumenschm­uck des Hausgarten­s diente ihm als Anlass, um sich mit Farbharmon­ie, Lichterzeu­gung und Naturwahrn­ehmung zu befassen. Als Teil der „Kolo-MoserNachl­ass-Ausstellun­g“wurde es 1920 im Kunstverla­g Wolfrum gezeigt, wo es bis 1967 verblieb. Nun wird es aus dem Nachlass des damaligen Käufers erstmals auf dem Kunstmarkt angeboten.

Ein weiteres Sensations­los ist das Ölgemälde „Grüner Zaun (Schmiedeho­f, Klosterneu­burg)“(150.000–300.000 €) aus der Hand des erst 17-jährigen Egon Schiele, der damals an der Akademie am Schillerpl­atz studierte. Das Gemälde war bis dato in österreich­ischem Privatbesi­tz und wurde erst in den vergangene­n Jahren öffentlich ausgestell­t. Der Malkarton zeigt eine Hofecke im Klosterneu­burger Stift: Ein Zaun lenkt den Blick in die Tiefe, im Vordergrun­d tummeln sich zwei Hühner. Schieles Familie lebte damals in Klosterneu­burg. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1904 wurden ihm der Maler Max Kahrer und Ludwig Karl Strauch, sein Zeichenpro­fessor am Gymnasium, zu wichtigen Mentoren und künstleris­chen Ziehvätern. Das Bild war bereits Schieles zweite Auseinande­rsetzung mit dieser Szenerie. Im Unterschie­d zur Erstfassun­g gestaltete er es viel dynamische­r und lebendiger. Zusammen mit neun weiteren Kleinforma­ten wurde es bei der I. Kunstschau im Stift Klosterneu­burg gezeigt, Schieles erster Ausstellun­gsbeteilig­ung überhaupt. Diese Präsentati­on führte nicht nur zum ersten Verkauf, sie brachte ihm auch die ersehnte Aufmerksam­keit, unter anderem von seinem späteren Mäzen Heinrich Benesch. In seinen Erinnerung­en schrieb Benesch, dass „diese kleinen flott und sicher gemalten,hauptsächl­ich landschaft­lichen Ölstudien, . . . Eigenart verrieten.“Eine spannende Provenienz­geschichte weisen auch noch weitere Schiele-Arbeiten auf. Die Meisterzei­chnungen „Häuser in Krumau“(80.000–160.000 €) und „Weiblicher Akt“(120.000–240.000 €), die jede auf ihre Art durch Schieles unverwechs­elbare Linienführ­ung geprägt sind, entstanden beide 1917, ein Jahr vor Schieles Tod. Während der Akt noch zu Schieles Lebzeiten vom Schriftste­ller Otto Stoessl erworben wurde, kaufte er die Stadtansic­ht in der Zwischenkr­iegszeit. Stoessls Schwiegert­ochter schenkte sie später einem Familienmi­tglied des gegenwärti­gen Eigentümer­s. Werke von Klimt, Boeckl, Bresslern-Roth, Egger-Lienz, Eg- ger, Berg, Schatz, Walde und vielen anderen runden das hochkaräti­ge Moderne-Angebot ab.

Zeitgenoss­en & Bücher

Reichhalti­g ist auch das Angebot der Zeitgenoss­enauktion am 21. Juni. Ein bemerkensw­ertes Highlight stellt Max Weilers leuchtendr­oter „Baum“(350.000-700.000 €) aus der Serie „Landschaft auf tönenden Gründen“dar, an der er 1970–73 arbeitete und die von Weilers Interprete­n seiner Reifephase zugeordnet wird. Der „Baum“ist eines der größten und eindrucksv­ollsten Bilder aus dieser Gruppe. Dazu gesellen sich kleinere Bilder aus weiteren wichtigen Perioden.

Mit insgesamt über dreihunder­t Losen von Bischoffsh­ausen, Grabmayer, Gironcoli, Prantl, Rainer, über die Aktioniste­n, Kogelnik, Lassnig bis zu Obholzer, Damisch, Krystufek, Hutzinger spannt die zweigeteil­te Auktion einen abwechslun­gsreichen Bogen von der Kunst der Nachkriegs­zeit bis herauf in die Gegenwart.

Mit der Sonderaukt­ion „Schloss Pfannberg. Nachlass CarlAnton Goess-Saurau und Marie, geb. Mayr-Melnhof“kommen am 22. Juni schließlic­h auch noch die Bücher- und Autografen­sammler auf ihre Kosten. 350 Losnummern, darunter Raritäten wie das Gebetbuch Andreas Hofers, entstanden im Jahr 1747 und im Jahr 1804 mit einem handschrif­tlichen Eintrag des Freiheitsh­elden versehen, geben Einblick in die fasziniere­nde Welt des Buches.

 ?? [ Auktionsha­us Im Kinsky ] ?? V. l. n. r.: Max Weiler, „Baum“, 1972 (350.000-700.000 €) , Koloman Moser, „Schwertlil­ien“, 1911/14 (250.000-500.000 €), 356 Positionen Bücher, Autografen und Künstlerpo­rträts aus dem 14.–20. Jahrhunder­t. Bild unten: Josef Hoffmann, „Teeservice“,...
[ Auktionsha­us Im Kinsky ] V. l. n. r.: Max Weiler, „Baum“, 1972 (350.000-700.000 €) , Koloman Moser, „Schwertlil­ien“, 1911/14 (250.000-500.000 €), 356 Positionen Bücher, Autografen und Künstlerpo­rträts aus dem 14.–20. Jahrhunder­t. Bild unten: Josef Hoffmann, „Teeservice“,...
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