Mit kleinen Satelliten auf großer Mission im All
Vor mehr als vier Jahren starteten die ersten beiden österreichischen Satelliten an Bord einer indischen Trägerrakete in den Orbit: Die Nanosatelliten, kaum größer als eine Schuhschachtel, haben sich bewährt. Nun sollen weitere folgen.
Eigentlich sollte es sie schon gar nicht mehr geben. Jedenfalls haben selbst ihre Schöpfer an der TU Graz und der Uni Wien nicht mit einer so langen Lebenszeit gerechnet. Die ersten österreichischen Raumsonden, TUGSAT-1 und UniBRITE, kreisen noch immer in etwa 800 Kilometern Entfernung um die Erde. „Der schönste Moment war für uns der erste Überflug drei Stunden nach dem Start im Februar 2013. Wir konnten von der Bodenstation aus sofort Kontakt aufnehmen. Die Chance, dass das auf Anhieb klappt, war eigentlich gering“, erinnert sich TUGSAT-1-Missionsleiter Otto Koudelka. Das sei wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag auf einmal gewesen.
Weil das Projekt die ursprünglich geplante Laufzeit sprengte, wurde es seither zweimal verlängert. Denn die beiden österreichischen Sonden mit einer Seitenlänge von gerade einmal 20 Zentimetern sind Teil einer größeren Mission. Sie liefern gemeinsam mit einem kanadischen und zwei polnischen Satelliten Daten zu mehr als 500 besonders massereichen Sternen – in bisher ungekannter Genauigkeit. „Wir konnten zeigen, dass selbst mit einer kleinen Mission eine große Aufgabe bewältigt werden kann“, sagt Koudelka.
Wie entstand das Universum?
Eine Aufgabe, die ein großes Weltraumteleskop wie Hubble oder Kepler nicht in der Qualität erfüllen könnten, weil sie für fernere Objekte ausgerichtet seien. Außerdem bekämen Wissenschaftler bei teuren Großgeräten nur kurze Zeitfenster für ihre Tests, die von Koudelka für Österreich koordinierte Brite-Mission übermittelt dagegen ständig Daten. Diese liefern Erkenntnisse über das Innere der Sterne – und für die Forscher den Stoff für eine Publikation pro Monat. Außerdem können die Beob- achtungen dazu beitragen, die Entstehung des Universums besser zu verstehen. Zumindest noch zwei Jahre lang. Dann dürfte die starke Strahlung im All doch irgendwann zu große Schäden an den kleinen Raumsonden verursachen.
Doch die nächsten österreichischen Kleinsatelliten warten schon auf ihren Einsatz. Zuletzt wurde der Start zwar verschoben, nun soll der PEGASUS der FH Wiener Neustadt Ende Juni an Bord einer indischen Trägerrakete ins All abheben. Er wird im Verbund mit 35 anderen Nanosatelliten – ein Teil ist schon im All – die Thermosphäre erforschen. Das ist ein Bereich der Erdatmosphäre oberhalb der Ozonschicht, über den man noch wenig weiß, der aber das globale Wetter beeinflusst. Neue Erkenntnisse könnten somit längerfristige Wettervorhersagen und ein besseres Verständnis der Erderwärmung bringen. „Durch das Satellitennetzwerk liefern wir zugleich Daten von vielen Messpunkten“, erklärt Missionsleiter Carsten Scharlemann.
Wie in Graz und Wien arbeiteten auch bei diesem Projekt Studenten in allen Phasen mit: bei der Entwicklung der Hard- und Software sowie den notwendigen Vi- brations- und Vakuumtests. Viele der dort getesteten Teile kommen aus dem Elektrofachmarkt. „Weltraumerprobtes Material wäre einfach zu teuer gewesen“, sagt Scharlemann. Denn während die BriteMission großteils aus Mitteln des Technologieministeriums gefördert wird, war er mit seinem Team weitgehend auf das Sponsoring der FH, der beteiligten Unternehmen und des Landes Niederösterreich angewiesen. Ob es einen PEGASUS 2 geben wird? Natürlich wolle man auf die nun vorhandene Expertise aufsetzen und einen weiteren Satelliten bauen. Ob er so heißen wird, sei aber noch ungewiss.
„Wie ein Schweizer Messer“
Und auch Otto Koudelka, langjähriger Vorstand des Instituts für Kommunikationsnetze und Satellitenkommunikation der TU Graz, arbeitet mit seinem Team schon am nächsten Satelliten: Der OPSSAT, den er für die europäische Weltraumorganisation ESA baut, verfolgt allerdings keine rein wissenschaftliche Mission. Er soll Techniktests im Weltall ermöglichen. Was passiert etwa, wenn man während des Flugs eine neue Software hochlädt? Das Umfeld im Weltraum verzeihe keine Fehler, daher eigne sich ein Nanosatellit, mit Werkzeugen ausgestattet „wie ein Schweizer Armeemesser“, ideal für Versuche im Kleinen.
Arbeiten die österreichischen Satellitenpioniere eigentlich zusammen? Natürlich, Österreich sei eben einfach zu klein, um nebeneinander zu agieren, sagt Carsten Scharlemann. Und die Kooperation, auch mit Unternehmen, dürfte noch weitergehen. Am Montag verkündet das Technologieministerium jedenfalls, mit welchen Wissenschaftlern die ESA für den nächsten österreichischen Satelliten, den sogenannten CUBESAT, verhandeln will. Und auch wenn die Entscheidung noch geheim ist: Otto Koudelka wurde eingeladen, dabei zu sein, wenn sie publik wird.