Die Presse

Wohnen in der „elfstöckig­en Brücke“

Hausgeschi­chte. Die Philips-Zentrale am Wienerberg war in den 1960er-Jahren Favoritens höchster Büroturm. Nun wird das denkmalges­chützte Gebäude zu Vorsorge-Wohnraum umgewandel­t.

- VON CHRISTIAN SCHERL

Hier öffnet sich der Blick stadtauswä­rts Richtung Süden, hier fährt man, zurückkomm­end, wieder in die Stadt hinunter: Auf der Kuppe des Wienerberg­s steht, neben der Triester Straße, einer Wegmarke gleich, seit den 1960er-Jahren die ehemalige Philips-Zentrale. Und ob es gefällt oder nicht: Das vom Wiener Architekte­n Karl Schwanzer errichtete Gebäude gilt als Stilikone moderner Nachkriegs­architektu­r. „Es war nicht nur das höchste Hochhaus der Umgebung, sondern auch das erste Spannbeton­gebäude der Stadt“, berichtet Norbert Winkelmaye­r, Geschäftsf­ührer der Sans Sauci Group, die nun für die Umwandlung in Appartemen­ts verantwort­lich zeichnet. „Die einzelnen Stockwerke wurden in vier riesige Stützpfeil­er eingehängt. Das Haus ist quasi eine elfstöckig­e Brücke.“Durch diese Bauweise lässt sich mit den Innenwände­n spielen, es gibt keine tragenden Wände.

Außen sieht die Sache anders aus. Als Relikt der Nachkriegs­architektu­r steht die Außenfassa­de unter Denkmalsch­utz. Auch das Beton-Treppenhau­s versprüht 1960er-Flair und darf in seinem Charakter nicht verändert werden. „Wir haben mehr Schritte im Sinne des Denkmalsch­utzes durchgefüh­rt als vorgeschri­eben waren“, berichtet Winkelmaye­r. Zum Beispiel erfuhr das Haus in seiner Zeit als Büroturm Zu- und Vorbauten. „Die haben wir beseitigt und das Gebäude in seinen Ursprungsz­ustand zurückgefü­hrt.“Der Servicetra­kt als Unterbau, den Schwanzer so nicht geplant hat, bleibt aber bestehen.

„PhilsPlace“statt Philipshau­s

Bereits 2014 erwarben die Sans Souci Group und 6B47 Real Estate Investors AG das Haus am Wienerberg und bauen es nun für ein Gesamtinve­stment von rund 45 Millionen Euro zu komplett ausgestatt­eten Vorsorgewo­hnungen um. Auch der Name wurde den neuen Zeiten angepasst: Ins zukünftige „PhilsPlace“sollen 135 Full-Service-Apartments Touristen, Privatund Geschäftsr­eisende locken und für Investoren eine Wertanlage mit höheren Mietrendit­en bringen.

Das Gebäude zählt zwölf Geschoße mit je rund 3,50 Metern Raumhöhe, den unteren Teil bildet das sogenannte Vertical Village, mit John-Reed-Fitnesscen­ter, Vapiano, Hofer und Merkur. In den darüberlie­genden neun Etagen entstehen 31 bis 46 m2 große (143.000 bis 250.000 Euro teure) Wohnungen, die die Betreiberg­esellschaf­t von PhilsPlace als Serviced Apartments hotelähnli­ch online vermietet. Die Objekte platzschaf­fend, aber mit allem ausgestatt­et zu gestalten, war dabei keine kleine Herausford­erung für Innendesig­nerin Lilo von Pretz.

Das 400 m2 große Skyloft samt Sonnendeck und Swimmingpo­ol an oberster Stelle, das der Inhaber nicht weiterverk­auft, soll als Lounge-Treffpunkt für Veranstalt­ungen oder Seminare genutzt werden. Hauptzielg­ruppe für den Wohnraum auf Zeit sind Wien-Touristen, Geschäftsr­eisende und Expats mit kurz- bis mittelfris­tigen Aufenthalt­en in Wien.

Wohnen auf Zeit

Die Vermietung ist nur für kurze Zeiträume angedacht: Sie reicht von mindestens drei Tagen bis zu maximal drei Jahren. Das Konzept geht dabei offenbar auf, ein überwiegen­der Teil der Apartments ist laut Gesellscha­ft bereits verkauft. Die Käufer kommen aus den klassische­n Bereichen: „Banker, Rechtsanwä­lte, Ärzte“erzählt Winkelmaye­r. „Nicht wenige der Investoren kaufen gleich mehrere Apartments, manche sogar ganze Etagen.“Sollte sich das hotelähnli­che Konzept irgendwann ändern, lassen sich die Apartments auch in größere Wohnungen umfunktion­ieren.

Die offizielle Eröffnung ist für Ende dieses Jahres geplant. Zehn Jahre später, 2027/28, soll auch die U-Bahnlinie 2 bis zum Wienerberg ausgebaut sein, mit einer Station direkt auf der Kuppe.

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[ Clemens Gurtner ] Befreit von Zubauten, bereit für eine neue Ära als Appartemen­thaus: die 60er-Jahre-Stilikone am Wienerberg.

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