Suche nach dem besten Ergebnis
Projektausschreibungen. Vor allem wenn Steuergelder im Spiel sind, müssen öffentliche Wettbewerbe ausgeschrieben werden. Was sie können und wo es Änderungsbedarf gibt.
Es begann alles 1864, und zwar in Wien: Kein Geringerer als der Kaiser selbst ließ damals den ersten öffentlichen Architektenwettbewerb im deutschsprachigen Raum ausschreiben – nämlich für die Ringstraße. „Er wollte in Konkurrenz zu den anderen Metropolen einfach das beste Ergebnis erzielen“, berichtet Christoph Mayrhofer, Sektionsvorsitzender ArchitektInnen in der Kammer der ZiviltechnikerInnen Wien, Niederösterreich und Burgenland. Dafür bediente er sich desselben Prinzips, dem auch heute noch seriöse Ausschreibungen folgen: „Das beste Ergebnis bekommt man nur, wenn man niemanden ausschließt und ohne Ansehen der Person die beste Lösung auswählt. Das garantieren anonyme, offene Ausschreibungen“, so der Architekt. Die erste Wettbewerbsordnung für derartige Verfahren trat 1849 in Kraft, heute gilt der Wettbewerbsstandard WSA 2010, dessen Ziel es ist, aus der größtmöglichen Zahl qualifizierter Einreichungen auszuwählen.
Jeder kann mitmachen
Als qualifiziert gilt dabei jeder, der eine Zulassung auf dem ausgeschriebenen Gebiet hat. Das wird von Kritikern offener Verfahren oft kritisiert, da damit jeder Berufsanfänger gleich bei internationalen Großprojekten mitbieten kann. Was sich allerdings in den meisten Fällen von ganz allein reguliere, meint Mayrhofer: „Wenn jemand beispielsweise noch nie eine Schule gebaut hat, macht das nichts, weil in jedem Fall die beste Lösung ausgewählt werden wird.“Wobei es durchaus schon vorgekommen sei, dass auch Absolute Beginners große Wettbewerbe gewonnen und entsprechende Bauwerke realisiert hätten. Grundsätzlich müssen Projekte immer dann ausge- schrieben werden, wenn Steuergelder dafür ausgegeben werden. Öffentliche Auftraggeber unterliegen dem Vergaberecht, „öffentliche Wettbewerbe über 100.000 Euro müssen europaweit im europäischen Amtsblatt ausgeschrieben werden“, erklärt der Architekt. Bis zur Jurysitzung sind es dann meist zwischen vier Wochen und drei Monate, in denen die Ideen zu Papier gebracht werden können.
Die Krux bei der Teilnahme liege gerade für die kleineren Büros zumeist in den Kosten, so Mayrhofer: „Solche Wettbewerbsverfahren sind meist recht aufwendig, da ja am Computer alle Schaubilder und Renderings generiert werden müssen. Das kann bei kleineren Wettbewerben mit 8000 Euro bewältigbar sein, aber auch bis zu 30.000 Euro gehen.“
Keine Aufwandsentschädigung
Die Entscheidung, ob dieser Aufwand sich lohne, müsse eben jeder Architekt selbst treffen – der vorauseilende „Schutz“der Architekten durch die Einschränkung des Bieterkreises ist dem Sektionschef nachvollziehbarerweise ein Dorn im Auge. Vielmehr empfehle sich ein zweistufiges Verfahren, eine Vorgehensweise, die auch Mario Paintner, Partner der Feld72-Archi- tekten, begrüßt, dessen Unternehmen zwischen zwölf und 14 Wettbewerbe pro Jahr bestreitet. „Oft wird auch in offenen Verfahren, für die es keine Aufwandsentschädigung gibt, wahnsinnig viel verlangt“, erzählt der Architekt. „Das müsste man reduzieren, in einem ersten Schritt ein Konzept verlangen und dann die Büros, die in die zweite Stufe kommen, für die Vertiefungen entschädigen.“
Eine besondere Form öffentlicher Ausschreibungen, wie sie beispielsweise derzeit bei der Wohnbauoffensive der Stadt Wien zur Anwendung kommt, sind Bauträgerwettbewerbe. Diese werden im geförderten Wohnbau zu bestimmten Schwerpunkten wie Generationenwohnen oder Holzbauweise ausgeschrieben und haben eine Besonderheit, wie Michaela Trojan, Geschäftsführerin des Wohnfonds Wien, erklärt: „Diese Aufträge werden nicht an den besten Preis, sondern an das beste Projekt vergeben, da der Preis bereits vorgegeben ist.“Vielmehr müssten die Bauträger – die meist in einer Wettbewerbsgemeinschaft mit Architekten antreten – mit dem besten Konzept hinsichtlich der vier Säulen Ökonomie, soziale Nachhaltigkeit, Architektur und Ökologie überzeugen, ehe eine zehn- bis zwölfköpfige Jury die beste Einreichung auswählt. Dabei gilt eine weitere Einschränkung: „Insgesamt dürfen sich die Bauträger mit den Architekten und Freiraumplanern nur dreimal für die insgesamt 17 Projekte mit mehr als 11.000 Wohnungen bewerben“, so Trojan.
Private Bauherren
Völlig frei in Sachen Ausschreibung sind dagegen private Bauherren, wobei sich eine solche aufgrund der Kosten eher für Firmensitze als für Ferienwohnungen eignet. Das schließt aber nicht aus, dass man auch als Privatperson mehrere Architekten um Entwürfe bitten kann, wenn man sicher gehen will, die besten Ideen zu bekommen. Zwar ist ein derartiges seriöses Wettbewerbsverfahren, etwa für ein Firmengebäude inklusive Juroren, laut Mayrhofer „nur schwer unter 50.000 Euro zu bekommen“. Diese Kosten seien allerdings bei der Umsetzung häufig schnell wieder hereingeholt, da ein Architekt, der an einem Wettbewerb teilnehme, natürlich konkurrenzfähig kalkuliere und von Anfang an entsprechend plane. „Und nichts ist teurer als eine schlechte Planung“, so der Architekt.