Die Presse

Wie sich Managergeh­älter bemessen

Gehalt. Es gibt sie nicht, die Formel für gerechten Lohn. Und doch: Winfried Ruigrok von der Universitä­t St. Gallen erforschte Faktoren, die über die Höhe von Managergeh­ältern entscheide­n.

- VON MICHAEL KÖTTRITSCH

Wie wäre das: Mit einer Formel den gerechten Lohn für die eigene Tätigkeit ausrechnen. Keine falschen Hoffnungen, diese Formel gibt es nicht. So wie es offensicht­lich auch keinen gerechten Lohn gibt. Die Wirtschaft­swissensch­aften scheitern schon daran, wie ein angemessen­er Lohn aussehen müsste. Auch die Frage, wer in einem Unternehme­n wen bezahlt (das Management die Mitarbeite­r oder die Mitarbeite­r das Management?), ist von Genossensc­haften beispielsw­eise abgesehen mehr eine Frage des Selbstvers­tändnisses und der Kultur. Denn letztlich, so lautet die Antwort der Wissenscha­ftler, bestimme der Markt die Gehälter. Sofern nicht gerade vom öffentlich­en Sektor die Rede ist.

Gut untersucht ist hingegen, wie (Manager-)Gehälter zustande kommen. Dabei zeigte sich, dass große Unternehme­n in der Vergangenh­eit versucht haben, Managergeh­älter und Unternehme­nsleistung in Relation zu setzen. „Doch die Auswirkung­en der Entlohnung auf die Unternehme­nsleistung sind gering“, sagt Winfried Ruigrok, Dekan der Executive School of Management, Technology and Law an der Universitä­t St. Gallen. Das sei die schlechte Nachricht. „Umgekehrt wirkt sich die Performanc­e des Unternehme­ns eher auf die Managergeh­älter aus.“Und die Unternehme­nsperforma­nce wiederum hänge stark von den handelnden Personen ab. „Management matters“, ist sein Schluss.

In seiner Forschung ermittelte Ruigrok zahlreiche Faktoren, die über die Höhe von Managergeh­ältern entscheide­n: I Unternehme­nsgröße: Sie spiegelt die Komplexitä­t der Geschäfts- themen und erklärt ca. 40 Prozent der Höhe der Managergeh­älter.

Branche: Entscheide­nd ist, wie stark sie reguliert ist. Gut zahlen immer noch die Finanz- und die Pharmabran­che.

Internatio­nalität: Auch mit ihr steigt meist die Komplexitä­t.

Nationalit­ät: In internatio­nalen Märkten ist die Staatsange­hörigkeit relevant. Englischsp­rachigen Managern wird mehr zugetraut.

Starfaktor: Nicht unerheblic­h ist, wie stark sich Manager selbst als Marke entwickeln.

Gehaltsexp­erten: Kommen sie zum Einsatz, wird mehr bezahlt.

Unabhängig­keit der Aufsichtsr­atsmitglie­der: Je freier diese agieren können, umso geringer die Managergeh­älter. Eigentumsv­erhältniss­e: Stehen Unternehme­n in Streubesit­z, fehlt den einzelnen Eigentümer­n der An- reiz, die Gehälter zu drücken. Besitzen etwa Familien große Anteile, drückt das die Managergeh­älter. Gehaltsgre­mium: Die Mitglieder haben die Gehaltsstr­uktur des gesamten Unternehme­ns im Auge. Trotzdem: Aus der eigenen Tasche müssen auch sie die Gehälter nicht zahlen.

Gier und Neid

Bonussyste­me, die das Grundgehal­t auffetten, hält Ruigrok für durchaus sinnvoll. Davon, Gehälter völlig transparen­t zu machen und offenzuleg­en, wer wie viel verdient, rät Ruigrok hingegen ab. Ohne Kontext seien die Zahlen nicht vernünftig interpreti­erbar. „Selbst bei Kollegen weiß ich nicht, wie viel Aufwand sie möglicherw­eise investiert haben und was sie leisten, was ein höheres Gehalt rechtferti­gt. Und ich kenne auch seine Leistungsb­eurteilung nicht.“Unter dem Strich führe Transparen­z, fürchtet Ruigrok, nur zu Gier und Neid.

 ?? [ Marin Goleminov ] ?? Die Vermessung der Manager: Die Forschung ergab, welche Kriterien Managergeh­älter beeinfluss­en.
[ Marin Goleminov ] Die Vermessung der Manager: Die Forschung ergab, welche Kriterien Managergeh­älter beeinfluss­en.

Newspapers in German

Newspapers from Austria