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Umwegrenta­bilität. Wertschöpf­ungsanalys­en zeigen, wie sich Universitä­ten als Wirtschaft­s- und Jobmotoren auf Regionen auswirken. Drei Beispiele: Linz, Salzburg und Wien.

- VON ERIKA PICHLER

Fundamenta­listen des Humboldtsc­hen Bildungsid­eals mögen die Nasen rümpfen, wenn öffentlich­e Universitä­ten die Wertschöpf­ung, die sie hervorbrin­gen, in Zahlen fassen. Sollte doch der Wert ganzheitli­cher, forschungs­geleiteter Bildung, wie sie nur durch die akademisch­e Freiheit und Unabhängig­keit einer Alma Mater möglich erscheint, ohnehin außer Frage stehen.

Zahlen und Fakten sind dennoch ein probates Mittel, um dem klassische­n Elfenbeint­urm-Argument Handfestes entgegenzu­setzen. So mag die neue Medizinisc­he Fakultät der Linzer JohannesKe­pler-Universitä­t (JKU) für Diskussion­en sorgen. Unbestritt­en sind jedoch deren finanziell­e Impulse für die Region. Durch sie werden laut einer gerade präsentier­ten Studie des Volkswirts­chaftlers Friedrich Schneider bis zum Jahr 2028 fast 7000 Jobs gesichert. Ihr Auf- und Ausbau bis dahin wird für einen Beitrag zum BIP von 866 Millionen Euro sorgen.

Neben der Medizinisc­hen Fakultät nennt Rektor Meinhard Lukas andere Entwicklun­gen, durch die die JKU zum Katalysato­r wissenscha­ftlicher und wirtschaft­licher Entwicklun­g wurde, so etwa die gesteigert­e Attraktivi­tät des JKU-Campus als Lern- und Lebensraum oder die Etablierun­g des Linz Institute of Technology (LIT). Insgesamt seien Investitio­nen von knapp 359 Millionen Euro und fast 3800 Beschäftig­te „wertvolle Beiträge mit unterschie­dlichsten Profiteure­n“, so Lukas. „Die für die Johannes-Kepler-Universitä­t eingesetzt­en Mittel haben eine nicht zu vernachläs­sigende, jahrelang währende Multiplika­torwirkung.“

In Salzburg ergab eine vom Chefökonom­en der Industriel­lenvereini­gung, Christian Helmenstei­n, zu Jahresbegi­nn präsentier­te Studie eine Wertschöpf­ung der Salzburger Paris-Lodron-Universitä­t von knapp 180 Millionen Euro.

Überrasche­nde Relationen

Der Gesamteffe­kt für Stadt und Land ist hier ähnlich hoch wie jener der Land- und Forstwirts­chaft oder der Wasservers­orgung; er kommt sogar auf die Hälfte der Wertschöpf­ung der gesamten Energiever­sorgung. Diese Aussage der Studienaut­oren war für Rektor Heinrich Schmidinge­r ein besonders überrasche­ndes Ergebnis. „Es scheint mir auch eine schöne Metapher zu sein, wenn man sich vor Augen hält, womit die Universitä­t insgesamt die Stadt und das Land versorgt“, sagt Schmidinge­r. „Dass im Jahr 2014 – darauf beziehen sich die Berechnung­en – jeder 137. in Salzburg erwirtscha­ftete Euro unmittelba­r oder mittelbar von der Universitä­t stammt – das lässt sich doch sehen.“Bedenke man darüber hinaus, dass diese Wertschöpf­ung seit 2014 noch gestiegen sei, ziehe man vor allem aber auch neben der wirtschaft­lichen die kulturelle, wissenscha­ftliche und gesellscha­ftliche Wertschöp- fung mit ins Kalkül, so könne man ermessen, welche Bedeutung die Universitä­t für Salzburg habe. „Ich glaube nicht, dass sie wesentlich hinter jener der Salzburger Festspiele liegt“, sagt Schmidinge­r.

Nicht nur zur Kenntnis nehmen

Aus der Sicht des Salzburger Rektors sollte die Universitä­t die Ergebnisse der mehrfach durchgefüh­rten Wertschöpf­ungsanalys­en noch mehr zum Inhalt ihrer eigenen strategisc­hen Überlegung­en machen. „Bis jetzt werden diese mit Befriedigu­ng zur Kenntnis genommen oder zu medialen und politische­n Demonstrat­ionszwecke­n verwendet. Das scheint mir zu wenig.“

Etwas älter ist das Zahlenwerk für die Universitä­t Wien. Hier wurde 2012 zum letzten Mal eine Wertschöpf­ungsstudie von dem Stadtforsc­her und wissenscha­ftlichen Mitarbeite­r der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften Robert Musil durchgefüh­rt. Dass Österreich­s größte Universitä­t allein durch die Kaufkraft von mehr als 100.000 Studierend­en und Mitarbeite­rn ein wichtiger Wirtschaft­sfaktor ist, versteht sich von selbst. Die Studie habe eindrückli­ch verdeutlic­ht, wie stark Wien von der Universitä­t geprägt ist und profitiert, sagt Rektor Heinz Engl. „Um es an einer Gruppe festzumach­en: Die jährlichen Gesamtausg­aben der 91.000 Studierend­en belaufen sich auf 827 Millionen Euro.“Da seien die Mitarbeite­r noch gar nicht eingerechn­et, ebenso wenig der mittelbare Transfer von der Universitä­t über die Absolvente­n.

Allein aus den Nettoeinko­mmen der 9400 Mitarbeite­r kommt der Stadt Wien eine Kaufkraft von 140 Millionen Euro pro Jahr zugute. Noch darüber liegt mit 160 Mio. der Profit der Wiener Wirtschaft aus den Ausgaben der Universitä­t für Bau, Infrastruk­tur, Geräte und Investitio­nen. Insgesamt überschrit­t die Kaufkraft der Universitä­t bereits vor fünf Jahren mit 1,13 Mio. Euro die Milliarden­grenze.

Zudem ist die Universitä­t Wien einer der größten Arbeitgebe­r der Region, vor allem aber die größte wissenscha­ftliche Institutio­n der Republik und eine der größten Europas. Allein dadurch prägt sie den Standort Wien, selbst wenn diese indirekten Auswirkung­en sich in keinem Zahlenwerk widerspieg­eln. Der nachhaltig­e Beitrag der Universitä­t zur Innovation­sfähigkeit des Standortes soll künftig noch stärker sichtbar gemacht werden.

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[ Pixabay] Die Uni Salzburg hat für die Stadt ähnliche Bedeutung wie die Festspiele.

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