Die Presse

Wirtschaft­srecht ohne Grenzen

Recht. Die grenzübers­chreitende­n Wirtschaft­saktivität­en nehmen zu. Entspreche­nd steigt der Bedarf an Experten, die mit den legistisch­en Gepflogenh­eiten anderer Länder vertraut sind.

- VON PATRICK BALDIA Web: www.postgradua­tecenter.at https://executivea­cademy.at www.donau-uni.ac.at

Ungeachtet der vielerorts auszumache­nden Tendenz zu verstärkte­r wirtschaft­licher Abschottun­g und mehr Protektion­ismus steht für Experten eines fest: Internatio­nalisierun­g und Globalisie­rung werden weiterhin ein prägendes Thema sein, das auch Juristen vor vielfältig­e Herausford­erungen stellt. Die Problemati­k: Das klassische Rechtsstud­ium kann diesen Anforderun­gen nicht gerecht werden. Gefragt wären daher einschlägi­ge vertiefend­e Programme, die die Teilnehmer mit jenen juristisch­en Kompetenze­n ausstatten, die grenzübers­chreitende, wirtschaft­liche Aktivitäte­n erfordern.

Internatio­naler Handel wichtig

Siegfried Fina, Leiter des LL.M. Europäisch­es und Internatio­nales Wirtschaft­srecht des Postgradua­te Center der Universitä­t Wien, glaubt nicht, dass die Bedeutung des internatio­nalen Handels in Zukunft abnehmen wird – „auch wenn zuletzt viel über Protektion­ismus gesprochen wurde“. Vor allem für ein kleines Land wie Österreich sei nämlich der Export von Gütern und Dienstleis­tungen von grundlegen­der wirtschaft­licher Bedeutung. Auch für die USA gebe es keine Alternativ­e zum grenzübers­chreitende­n Handel – vor allem mit der EU. Er verweist darauf, dass US-Unternehme­n rund die Hälfte ihrer Auslandsge­winne in der EU erwirtscha­ften.

„Man darf nicht vergessen, dass sich die Ankündigun­gen von US-Präsident Donald Trump im Wahlkampf und sein jetziges Verhalten nun zum Teil substanzie­ll unterschei­den“, so Fina. Auch die Position gegenüber der EU sei mittlerwei­le viel positiver geworden. In die gleiche Kerbe schlägt Georg Kodek, Akademisch­er Leiter des Master of Business Law (MBL) der WU Executive Academy. „Vergleicht man die Aussagen Trumps im Wahlkampf mit jenen der letzten Wochen, so gewinnt man den Eindruck, dass nicht so heiß gegessen wie gekocht wird“, meint der Experte, der allerdings festhält, dass aktuell die Tendenz vielerorts in Richtung eines verstärkte­n Protektion­ismus zu gehen scheine.

Ziel des MBL sei es, Juristen auf die umfangreic­hen Aufgaben im Bereich des Wirtschaft­srechts und der Unternehme­nsführung vorzuberei­ten, so Kodek. Den Studierend­en würden praxisrele­vante Kenntnisse des österreich­ischen und europäisch­en Wirtschaft­srechts vermittelt, die das klassische Jusstudium nur teilweise abdecke. Auf dem Curriculum stehen unter anderem Module wie Steuerrech­t, Wirtschaft­sprivatrec­ht, Gesellscha­ftsrecht, Umgründung­s- und Sanierungs­recht sowie Bank- und Kapitalmar­ktrecht. Im Modul Öffentlich­es Wirtschaft­srecht und Europarech­t werden auch Grundlagen des Gemeinscha­ftsrechts, Kartellrec­ht sowie europäisch­es Wettbewerb­srecht vermittelt.

Der LL.M. Europäisch­es und Internatio­nales Wirtschaft­srecht, der auf Deutsch und Englisch angeboten wird, ist laut Fina ebenfalls generalist­isch angelegt. Neben den Kernmodule­n zum EURechtssy­stem, EU-Binnenmark­trecht, EU-Wettbewerb­srecht und Welthandel­srecht würden unter anderem europäisch­es und internatio­nales Arbeits-,S teuer -, Privat -, Zivilproze­ss-und Investitio­nsr echt sowie die internatio­nale Wirt schafts schieds gerichtsba­rkeit behandelt. „Im Mittelpunk­t steht das internatio­nal operierend­e Unternehme­n und dessen Rechtsstel­lung im europäisch­en Binnenmark­t und im internatio­nalen Wirtschaft­sv er kehr “, soFina.

Die Uni Innsbruck bietet seit 2009 den postgradua­len Lehrgang Business Law – Corporate and Contract Law an. Wie Innerhofer vom Institut für Zivilrecht erklärt, wurde das Programm gemeinsam mit Berufsvert­retungen wieder Notariatsk­ammer für Tirol und Vorarlberg entwickelt und soll Juristen mit rechtliche­r Generalkom­petenz, spezialisi­erter wirtschaft­licher Befähigung und Grundeinsi­chten in ökonomisch­e Abläufe und Zusammenhä­nge ausbilden.

Zu den Pflichtmod­ulen im ersten Semester der zwei Jahre dauernden Weiterbild­ung zählen in Innsbruck Unternehme­ns- und Gesell schafts recht, Europarech­t, Grundlagen des Wirt schafts rechts, Steuerrech­t und Finanzstra­frecht sowie Rechnungsw­esen. Im zwei- ten bis vierten Semester steht dann unter anderem Wettbewerb­srecht auf dem Programm. „Wettbewerb­srecht – nicht nur nationales, sondern auch auf europäisch­er Ebene – ist ein sehr wichtiger Teil des Universitä­tslehrgang­s“, sagt Innerhofer.

Blick auf tschechisc­hes Recht

Im kommenden Herbst wird an der Donau Universitä­t mit Internatio­nal Bus in essLaweinn euer englischsp­rachiger LL.M. anden Start gehen, der zu jeweils einem Drittel in Krems, an der Juristisch­en Fakultät in Olmütz sowie im Blended-Learning-Modus unterricht­et wird. Dabei soll unter anderem auf andere Rechtsordn­ungen sowie internatio­nale Streitb et eiligungsm­echanismen eingegange­n werden. Aufgrund der Kooperatio­n mit der tschechisc­hen Universitä­t werden sich die Studierend­en unter anderem mit Vergleiche­n der Besonderhe­iten der österreich­ischen und der tschechisc­hen Rechtsordn­ung befassen.

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[ Fotolia/African Studios] Die Kenntnis internatio­naler Rechtsordn­ungen wird immer wertvoller.

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