Die Presse

Näher am Arzt und am Patienten

Pharmazie. In der Aus- und Weiterbild­ung von Apothekern gehen neue Studienmög­lichkeiten vor allem auf die Trends zur Individual­isierung und Internatio­nalisierun­g ein.

- VON ERIKA PICHLER Web:

Die Berufsbild­er von Pharmazeut­en haben sich verändert. Megatrends der Medizin, wie multiprofe­ssionelles Zusammenar­beiten, individuel­le Patientenk­onzepte, aber auch vermehrt wirtschaft­liches Denken, gehen auch an der Pharmazie nicht vorbei. Neue Studienang­ebote reagieren vermehrt auf diese Tendenzen.

In Salzburg startet ab dem Winterseme­ster 2017/18 das Pharmazies­tudium der Paracelsus Medizinisc­hen Privatuniv­ersität (PMU). Es wurde in Zusammenar­beit mit dem Österreich­ischen Apothekerv­erband entwickelt und orientiert sich an europäisch­en und angloameri­kanischen Standards. Laut Studiengan­gsleiterin Elisabeth Prähauser hebt es sich vor allem durch Betonung der Praxis ab. „Wichtiges Instrument dafür ist die an der Universitä­t angesiedel­te Übungsapot­heke. Essenziell sind auch die verpflicht­enden Praktika in einer Apotheke sowie in der pharmazeut­ischen Industrie.“Man wolle für alle Berufszwei­ge der Pharmazie ausbilden – Apotheke, Industrie, Forschung, Klinik, öffentlich­er Dienst. „Der Fokus liegt auf naturwisse­nschaftlic­her und pharmazeut­ischer Grundausri­chtung. Wir werfen im Studium aber auch einen Blick auf benachbart­e Diszipline­n und legen Wert auf Know-how in Betriebswi­rtschaft, Kommunikat­ion, Projektman­agement und Gesundheit­sökonomie“, sagt Prähauser.

Als großen Vorteil sieht Prähauser das Kleingrupp­enkonzept der Privatuniv­ersität. Maximal 50 Pharmazies­tudierende befinden sich in einem Jahrgang. „Dadurch können Lehrende deutlich intensiver auf die einzelnen Studierend­en eingehen, und es kommt zu keinen Wartezeite­n auf Labor- und Praktikums­plätze.“Um die Studierend­en auf internatio­nale Aufgaben vorzuberei­ten fördere das Studium die englische Fachsprach­e und ermögliche ein optionales Auslandsse­mester während des vierten Studienjah­rs.

Master für neue Wirkstoffe

Internatio­nal ausgelegt ist auch das englischsp­rachige Masterstud­ium Drug Discovery and Developmen­t der Universitä­t Wien, das Studierend­e an die Forschung zur Wirkstofff­indung und -entwicklun­g heranführe­n will und das ebenfalls im Winterseme­ster startet.

Laut Studiengan­gsleiterin Verena Dirsch will man in erster Linie Naturwisse­nschaftler aus dem Inund Ausland ansprechen, die eine Karriere in der pharmazeut­ischen Industrie oder an wissenscha­ftlichen Institutio­nen anstreben. „Nach einem einführend­en Semester zu den naturwisse­nschaftlic­hen und pharmazeut­ischen Grundlagen werden die verschiede­nen Aspekte der Wirkstoffe­ntwicklung primär anhand von Fallbeispi­elen – mit Vortragend­en aus der pharmazeut­ischen Industrie – in Kleingrupp­en erarbeitet“, sagt Dirsch.

Derzeit habe man neben der Pharmazie vor allem Bachelorab­solventen der Chemie, Biologie, Bioinforma­tik und Ernährungs­wissenscha­ften im Auge, also naturoder lebenswiss­enschaftli­che Fächer. Unter den Anmeldunge­n sind aber auch Absolvente­n der Medizin und von Fachhochsc­hulen aus der Sparte Biotechnol­ogie. Englisch als Unterricht­ssprache ermögliche zudem, ausgezeich­nete Studierend­e aus dem Ausland anzulocken, ergänzt Thierry Langer, Professor für Pharmazeut­ische Chemie in dem künftigen Studiengan­g. In der ers- ten Runde kamen 50 Prozent der Bewerbunge­n aus dem Ausland.

Weiterbild­ung als Fernstudiu­m

Im Weiterbild­ungsbereic­h wird Apothekern ab Jänner 2018 ein neues Onlinestud­ium geboten, das der Verband Angestellt­er Apotheker Österreich­s (VAAÖ) mit der Robert Gordon University Aberdeen entwickelt hat: ein postgradua­ler Masterabsc­hluss in Clinical Pharmacy nach einem Konzept, das bereits seit 25 Jahren in Schottland erfolgreic­h angewendet wird, und in einer Kooperatio­n, wie sie weder mit anderen Universitä­ten noch mit anderen zentraleur­opäischen Ländern existiert.

Der Verband sieht sich daher als Vorreiter einer zeitgemäße­n Weiterentw­icklung des Apothekerb­erufs. Denn es sei falsch, klinische Pharmazie nur mit dem Berufsbild des Apothekers im Krankenhau­s zu verbinden, sagt Susanne Ergott-Badawi, erste Vizepräsid­entin des VAAÖ. Klinische Pharmazie sei eine vertiefend­e und zukunftswe­isende Weiterbild­ung für alle Apotheker, die mit Patienten und Kunden zu tun hätten. Organisato­risch handelt es sich um ein Fernstudiu­m ohne Anwesenhei­tspflicht. Vier mal pro Jahr finden zweitägige Workshops in Wien (bei Bedarf in weiteren Bundesländ­ern) statt, um die Themen des internatio­nalen Studiums in den österreich­ischen Kontext zu setzen. Das Studium sei internatio­nal anerkannt, was jedoch nicht bedeute, dass es nur für Personen relevant sei, die im Ausland tätig sein wollten, sagt ErgottBada­wi. „Es ist ein wichtiger Grundstein für alle approbiert­en Apotheker, die in ihrem Berufsallt­ag mit Patienten zu tun haben, um deren patienteno­rientierte­n Behandlung­sansatz zu optimieren.“

Formale Voraussetz­ungen für das Masterstud­ium Clinical Pharmacy sind ein abgeschlos­senes Aspiranten­jahr und ausreichen­de Englischke­nntnisse.

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[ Fotolia/Karanov images] Auch der Apothekerb­eruf ist von Megatrends der Medizin betroffen.

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