Go East Young Man!
Die erste Jahreshälfte ist vorbei. Wir gehen nach einem finanziell erfolgreichen ersten Halbjahr (alle Indizes sind im Plus) in eine zweite Jahreshälfte, die wieder voll von politischen Unsicherheiten sein wird: Großbritannien ohne Regierungsmehrheit, Italien vor Neuwahlen, Trump unter Druck. Viel „Sound and Fury“, durch das ich - wie immer - rate hindurchzusehen. Ich bleibe positiv für diese letzte Phase des langen Bull Markets: Halten und weiter diversifizieren. Ich verabschiede mich jetzt mit dieser Kolumne in den Sommer. Ich werde aber in dieser Zeit keine politischen Analysen lesen, sondern Asien neu überdenken. Der Anlass dazu ist unsere jährliche Investorenreise nach China, bei der wir letzte Woche vor allem Unternehmen in Hong Kong und Shenzhen gesehen haben. Shenzhen ist in knapp 25 Jahren vom Fischerdorf zur 15 Millionen Metropole mutiert. Zu den Unternehmen gehört natürlich Tencent, eines der drei führenden chinesischen Internetunternehmen (die BATs - Baidu, Alibaba, Tencent), genauso wie China Resources Land, ein Immobilienentwickler. Bei Gesprächen mit den Vorständen dieser und anderer Unternehmen bekomme ich immer wieder aufs Neue ein Gefühl für die un- glaubliche Dynamik in China: Über die Wachstumsraten hinaus ist es die Innovationskraft der Unternehmen, die mich beeindruckt. Die Zeit, in der die landläufige Meinung war, dass chinesische Unternehmen nur Produkte kopieren, ist längst vorbei. Tencent zeigt in ihrer Unternehmensgeschichte als Meilensteine mehr als fünfzig Innovationen wie z.B. die mobile Bezahlfunktion von We Chat - dem chinesischen Äquivalent des bei uns besser bekannten WhatsApp. Am Automaten scannt man mit seinem Mobiltelephon einen QR-Code und erhält - natürlich bargeldlos - das Produkt. Eine bahnbrechende Innovation alle vier Monate! Bei dieser Entwicklung steigen natürlich auch Gehälter und Wohlstand. Wer sich an Shenzhen als die Industriestadt der Neunziger erinnert, erkennt die Stadt nicht mehr: Neue blitzblanke Viertel wachsen im üblichen rasanten Tempo: in CR City im Kern der Stadt allein entstehen bis 2020 2,8 Millionen m² neue Wohn- und Geschäftsfläche: 10mal die Seestadt Aspern. In Nanshan, dem technologischen Herzstück der Stadt, liegt des BIP mit 44,000 EUR pro Kopf über dem Österreichs. Und da ist es dann kein Wunder, wenn ein 100m² Apartment in der neuen CR City 1,3 Millionen EUR kostet, mehr als in der Wiener Innenstadt. Mein Portfolio ist schon lange in China übergewichtet. Diesen Sommer werde ich die politischen Streitereien Europas ignorieren und überlegen, ob das veraltete Label „Entwicklungsmarkt“sowohl für mein Aktien- als auch für mein Rentenportfolio überhaupt noch Relevanz hat. Liebe Leser,