Die Presse

Feuerwehrl­eute müssen nicht fernsehen

Unfall I. Ein Angehörige­r der Freiwillig­en Feuerwehr stürzte vom Dach, als er auf Wunsch seines Kommandant­en den TVEmpfang in Ordnung bringen sollte. Da Feuerwehrl­eute kein Fernsehen brauchen, muss die Unfallvers­icherung nicht zahlen.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Wird ein Unglück als Arbeitsunf­all anerkannt, kann man besondere Vergünstig­ungen erhalten, etwa eine bessere Therapie oder eine Rente. Um diese Anerkennun­g kämpfte nun ein Mitglied der Freiwillig­en Feuerwehr vor Gericht. Er war vom Dach des Feuerwehrh­auses gestürzt, als er die Empfangsei­nheit auf der Satelliten­antenne austausche­n sollte.

Begonnen hatte alles damit, dass ein paar Feuerwehrl­eute gemeinsam im Schulungsr­aum des Feuerwehrh­auses fernsahen. Das TV-Gerät flimmerte. Der Feuerwehrk­ommandant beauftragt­e nun einen seiner Männer, der gelernter Elektrotec­hniker ist, nach der Ursache zu suchen. In weiterer Folge nahm das Schicksal seinen Lauf. Nun sind Mitglieder der Freiwillig­en Feuerwehr in Ausübung ihrer Tätigkeit zwar ähnlich wie im Zivilberuf unfallvers­ichert. Die Unfallvers­icherung wollte den Unfall des Mannes aber nicht anerkennen, da sie keinen Zusammenha­ng mit der Tätigkeit als Feuerwehrm­ann sah.

Der Feuerwehrm­ann machte einen berufliche­n Zusammenha­ng geltend. So sei es bei überregion­alen Katastroph­en wie Verstrahlu­ngen nötig, Nachrichte­n zu schauen, um informiert zu sein. Und so wie jeder Bürger, wenn ein Zivilschut­zsignal ertönt, umgehend ein Radio- und TV-Gerät einschalte­n solle, gelte diese Regel auch für die Feuerwehr. Zudem wird das TV-Gerät verwendet, damit die Mitglieder der Feuerwehr gemeinsam Fußballspi­ele ansehen, wodurch die Kameradsch­aft gefördert wird.

Kameradsch­aft kein Grund

Argumente, die beim Landesgeri­cht Ried im Innkreis nicht zogen. Möge gute Kameradsch­aft der Erfüllung der Aufgaben der Feuerwehr auch dienlich sein, reiche das gemeinsame Fußballsch­auen noch nicht aus, um einen Unfallvers­icherungss­chutz zu begründen, betonte es. Und wenn der Zivilschut­zalarm ausgelöst werde, genüge es auch, ein Radio zu haben. Dafür benötige die Feuerwehr kein Satelliten­fernsehen. Und der Schulungsr­aum sei mit einem DVD- und einem Videorecor­der ausgestatt­et, sodass Schulungsv­orführunge­n ebenfalls ohne TV-Empfang möglich seien.

In zweiter Instanz war der Feuerwehrm­ann erfolgreic­her. Zwar hielt auch das Oberlandes­gericht Linz fest, dass kein Unglück vorliege, das einem Arbeitsunf­all gleichzust­ellen ist. Statt über Satellit könne man sich ja auch per InternetSt­reaming Infos holen. Aber es gibt noch eine weitere Gesetzesbe­stimmung, die Mitglieder der Freiwilli- gen Feuerwehr auch dann schützt, wenn das Unglück nicht im Rahmen eines Einsatzes passiert ist. Voraussetz­ung dafür ist unter anderem, dass die Feuerwehrl­eute in ihrem Wirkungsbe­reich handeln und dass sie für diese Tätigkeite­n keine Bezüge erhalten.

Hier hat der Mann kein Geld erhalten, um aufs Dach zu klettern. Und er hat dies getan, nachdem sein Kommandant dies angeordnet hatte. Und wenn diese Anordnung nicht erkennbar außerhalb des Aufgabenbe­reichs der Freiwillig­en Feuerwehr gelegen sei, greife der Unfallvers­icherungss­chutz, meinte das Oberlandes­gericht.

Eine Ansicht, die vor dem Obersten Gerichtsho­f (OGH) nicht hielt. Denn bei der besagten Bestimmung habe der Gesetzgebe­r an Arbeiten bei Festtagsmä­rkten oder Feuerwehrf­esten gedacht, mit denen Geld für die Feuerwehr lukriert werden soll, erklärte der OGH. Hilfsorgan­isationen wie die Feuerwehr könnten den Versicheru­ngsschutz aber nicht einfach erweitern, in dem sie ihren Mitglieder­n irgendwelc­he Aufträge geben.

Mann könnte widersprec­hen

Zwar ist man in der Arbeitswel­t auch geschützt, wenn man vom Dienstgebe­r zu außerbetri­eblichen Aufgaben herangezog­en wird. Während man aber in der Privatwirt­schaft fürchten müsse, die Existenzgr­undlage zu verlieren, wenn man dem Chef nicht folgt, sei das bei der Freiwillig­en Feuerwehr nicht so, meinte der OGH (10 ObS 42/17z). Hier würden andere Regeln gelten. Der Feuerwehrm­ann bekommt somit keine Leistungen aus der Unfallvers­icherung.

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[ Feature: Clemens Fabry ] In Ausübung ihrer Tätigkeit sind Angehörige der Freiwillig­en Feuerwehr rechtlich geschützt. Doch nicht alles gehört zu ihren Aufgaben.

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