Die Presse

Betrunkene Lenkerin selbst schuld

Unfall II. Auch wenn sie ein Promille Alkohol im Blut hatte, sei das nicht der Grund für ihren Autounfall gewesen, meinte eine Frau. Die Gerichte sahen das anders.

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Wien. Der Unfallvers­icherungss­chutz gilt nicht nur bei der Arbeit, sondern auch am Weg dorthin. Und dasselbe gilt auch für Schüler. Deswegen verlangte die Schülerin einer Gesundheit­s- und Krankenpfl­egeschule, dass ihr Autounglüc­k als Arbeitsunf­all anerkannt werde. Dass sie alkoholisi­ert gewesen sei, spiele dabei keine Rolle, meinte die angehende Gesundheit­sexpertin. Denn nicht dieser Umstand, sondern ein klassische­r Fahrfehler von ihr habe das Unglück ausgelöst, erklärte sie.

Die Frau hatte am Vorabend des Unglücks reichlich Alkohol konsumiert. 1,03 Promille Alkohol hatte sie noch im Blut, als sie um 6.15 Uhr am Morgen mit ihrem Auto unterwegs war. Sie verabsäumt­e es, im Zuge einer leichten S-Kurve rechtzeiti­g gegenzulen­ken und geriet über die Sperrlinie auf die linke Fahrspur. Dort kollidiert­e der Pkw der Frau mit einem entgegenko­mmenden Gefährt.

Zusammenha­ng entscheide­nd

Nun besteht laut der Judikatur kein Unfallvers­icherungss­chutz, wenn die Alkoholisi­erung zumindest als wesentlich­e Mitursache für das Unglück in Frage kommt. Eine Ausnahme gibt es nur, wenn ein Alkoholisi­erter zufällig einen Unfall erleidet, für den der Alkoholmis­sbrauch nicht ursächlich war.

So gab es den Fall eines Kärntner Alkohollen­kers, der nach einem Unfall am Arbeitsweg verstarb. Seinem Sohn wurde 1990 trotzdem eine Waisenrent­e gewährt, weil der Grund für den Tod des Vaters in der überhöhten Geschwindi­gkeit gelegen war. Also in einem Umstand, der „alltäglich häufig auch bei nüchternen, insbesonde­re jüngeren Pkw-Lenkern zu beobachten ist“, wie der Oberste Gerichtsho­f (10 ObS 52/90) damals meinte. Typisch alkoholisi­erungs- bedingte Fahrweisen wie eine deutlich verlangsam­te Reaktion oder nicht spurhalten­des Fahren konnten bei dem Mann nicht festgestel­lt werden

Im aktuellen Fall aber stehe „explizit fest“, dass die Alkoholisi­erung der Frau das Unglück ausgelöst habe, betonten die Höchstrich­ter. Überhöhte Geschwindi­gkeit als Unfallgrun­d schied aus. Die Frau war mit 80 km/h unter- wegs und damit mit einer Geschwindi­gkeit, die in der Kurve „im oberen, noch stabil fahrbaren Bereich gelegen“ist, wie die Gerichte feststellt­en.

Wenn die Frau nur einen „klassische­n“Fahrfehler orte, weiche sie von den gerichtlic­hen Feststellu­ngen ab, sagten die Höchstrich­ter (10 ObS 56/17h). Die Frau hat daher kein Recht auf Leistungen der Unfallvers­icherung. (aich)

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