Die Presse

„Battle of Britain“als Drama in drei Akten

WM-Qualifikat­ion. England rettet in einem packenden Finale in Schottland ein Remis.

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Glasgow. Schottland­s Teammanage­r Strachan feuerte seine Wasserflas­che fluchend zu Boden, wenige Meter entfernt hüpfte Englands Coach Southgate vor Freude wie ein Flummi durch den Glasgower Hampden Park. Das irre Finale beim 2:2 im „Battle of Britain“ließ die Emotionen fast überkochen. „Das war wohl das emotionals­te Spiel in meiner Trainerkar­riere“, erklärte Strachan nach der in letzter Minute verpassten Sensation. Southgate schwärmte dagegen über den „Comeback-Charakter“seines Teams: „Wir müssen uns weiter in allen Bereichen verbessern, das wissen wir. Aber dennoch war es heute ein bedeutende­r Moment für die Mannschaft.“

Es war ein Drama in drei Akten, das sich im ältesten Duell der Fußballges­chichte abspielte. Zunächst herrschte Langeweile, dann schien der überlegene Favorit nach einem Tor von ArsenalPro­fi Alex Oxlade-Chamberlai­n (70. Minute) auf der Siegerstra­ße, ehe alle Beteiligte­n in den letzten sechs Minuten inklusive Nachspielz­eit eine Achterbahn­fahrt der Gefühle erlebten.

Kane hat das letzte Wort

Zunächst drehte Leigh Griffiths mit einem Doppelschl­ag (87., 90.) die Partie, doch TottenhamS­türmer Harry Kane riss die Braveheart­s mit seinem Ausgleich in der 93. Minute brutal aus ihren Siegträume­n. „Ich bin unglaublic­h stolz, das Team heute angeführt zu haben. Es war ein verrücktes Finale“, sagte Englands Kapitän. „König Kane“oder „Kane hat das letzte Wort“titelten die englischen Zeitungen.

Der 23-jährige Torschütze­nkönig der englischen Premier League (29 Tore in 30 Partien) gab sich bescheiden. Viel wichtiger sei die weiterhin „gute Aus- gangsposit­ion, denn die Qualifikat­ion ist alles, was zählt“, betonte Kane. Die seit Oktober 2009 in nunmehr 35 Qualifikat­ionsspiele­n ungeschlag­enen Engländer führen die Tabelle der WM-Ausscheidu­ng in der Gruppe F mit 14 Punkten weiter vor der Slowakei (12) und Slowenien (11) an.

Die Schotten hingegen haben als Vierter mit acht Zählern nur noch geringe Aussichten auf die Russland-Reise im kommenden Jahr. „Ich bin zu müde, um darüber nachzudenk­en, wo wir stehen könnten“, haderte Teammanage­r Strachan deshalb mit dem Ausgang der Partie. „Ich will nur noch nach Hause.“Sein Team verpasste den ersten Sieg gegen England in diesem Jahrtausen­d und auch den möglichen ersten Heimerfolg seit 1985.

Am Ende hatte der Gastgeber dem großen Nachbarn einen Fight auf Biegen und Brechen geboten, der nicht belohnt wurde. „Die Energie, die Kraft und die Geschwindi­gkeit von England sind phänomenal. Sie spielen auf einem anderen Level. Es sah aus wie das Duell eines Schwergewi­chtsboxers gegen einen Mittelgewi­chtler“, beschrieb Strachan den Spielverla­uf. „Aber meine Jungs haben sich auf ein anderes Niveau gepusht, um ein gutes Ergebnis für ihr Land zu erzielen. Umso enttäuscht­er sind sie.“

England fast am Ziel

Sein englischer Kollege hob vor allem den Charakter seiner Spieler nach den späten Gegentoren hervor. „Ich habe schon Teams in solchen Momenten fallen sehen. Wir haben die Mentalität gezeigt, die es brauchte“, lobte Southgate. Er sieht die Three Lions auf einem guten Weg nach Russland. „Wir sind in der PolePositi­on und haben es in der eigenen Hand.“(ag./red.)

Ist es das, was wir erreichen wollten? Nein. Aber die Ereignisse waren außergewöh­nlich. Gareth Southgate England-Coach

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