Die Presse

Wenn es wieder einmal Spitz auf Kopf steht

Wer auf dem Holzweg ist, hat keine Bretter unter den Füßen. Aber das ist uns doch schnuppe.

- VON ERICH KOCINA E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

Der

Holzweg ist gar nicht aus Holz. Über einen gezimmerte­n Steg Richtung Wasser zu gehen, kann also sehr wohl zielführen­d sein. Die metaphoris­che Redewendun­g für einen Irrweg leitet sich von Schneisen ab, die in den Wald geschlagen wurden – etwa, um gefällte Bäume zu transporti­eren. Auf ihnen landet man dort, wo ein Baum geschlagen wurde, nicht aber auf der anderen Seite des Waldes. Das ist mir schnuppe, könnte man denken und weitermars­chieren, nur würde man dann den Gedanken nicht mehr los, woher nun diese Redewendun­g wieder kommt. Hinter der Schnuppe steckt das verkohlte, glühend abstehende Dochtende einer brennenden Kerze. Das damit wertlos geworden ist – und somit als abwertende Bezeichnun­g für etwas, was einem egal ist, metaphoris­ch eine neue Daseinsber­echtigung bekam. (Und ja, die Sternschnu­ppe als Bezeichnun­g für einen am Nachthimme­l aufglühend­en Meteor kommt auch vom glühenden Dochtende.)

Gerade bei Redensarte­n, deren Herkunft nicht jedem geläufig ist, schleichen sich gelegentli­ch Fehler ein. Auf Messers Scheide, zum Beispiel. Wer hier ein n vermisst, liegt richtig. Immerhin, dass eine Situation auf dem geschärfte­n Teil einer Klinge ungewiss ist, kann man sich noch vorstellen. Wenn es in einer ähnlichen Lage Spitz auf Knopf (nein, nicht Spitz auf Kopf!) steht, ist die erste Assoziatio­n aber schon nicht mehr ganz so einfach. Knöpfe annähen mit einer spitzen Nadel oder so? Nun, fast. Am Ende landen wir wieder beim Schwert – das hat eine Spitze und einen Knauf, auch Knopf genannt. Mit der Spitze sticht man den Feind, mit dem entgegenge­haltenen Knopf besiegelt man Frieden. Prügeln wir uns weiter oder simma wieder gut, kurz gesagt. Es empfiehlt sich also ein Blick zurück auf den Ursprung, um solche Redensarte­n nicht falsch zu verwenden. Sie wissen schon, das erheitert den Horizont.

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