Abschied mit Flötensolo
Konzerthaus. Der Geschäftsführer der Philharmoniker, Soloflötist Dieter Flury, verabschiedete sich mit einem Konzert unter Christian Thielemann.
Mit dieser Saison endet auch Dieter Flurys Tätigkeit bei den Wiener Philharmonikern, deren Geschäftsführer er viele Jahre war. Engagiert wurde der gebürtige Zürcher vor 40 Jahren, seit 1981 ist er einer der Soloflötisten. Eine schöne Geste seiner Kollegen, dass sie ihn zum Abschluss seiner Karriere nochmals in dieser Funktion aufs Podium eingeladen haben. Und dies gleich dreimal, denn das Programm dieses neunten „Philharmonischen“wurde nicht nur am Wochenende im Musikverein, sondern schon tags zuvor beim Musikfest im Konzerthaus aufgeführt.
Ausgesucht hatte sich Flury ein avanciertes Werk der Moderne: Jörg Widmanns 2011 für das Cleveland Orchestra und dessen exquisiten Soloflötisten Joshua Smith komponiertes „Fluˆte en suite“. Ein von der Idee der barocken Suite inspiriertes, zudem mit zwei Chorälen und einem stilisierten venezianischen Gondellied aufwartendes achtteiliges Opus, das den Solisten mit unterschiedlichen Orchestergruppen in Beziehung setzt und ihm vielfach Gelegenheit offeriert, mit seiner Virtuosität wie stilistischen Kompetenz zu prunken. Sorgfältig und einfühlsam begleitet, stellte sich Flury diesen Herausforderungen nicht nur souverän, sondern, wie sich aus seinen Blicken unschwer ablesen ließ, mit besonderer Freude. Die demons- trierte er auch beim Encore: dem mit ausgesuchter Klarheit und Sinn für dynamische Effekte ausgeführten Affetuoso aus Telemanns neunter Flötensolo-Fantasie.
Der übrige Teil des Abends galt philharmonischem Kernrepertoire: zwei Werken von Johannes Brahms. Als „Janitscharen-Ouvertüre“hat der für sarkastische Selbstkritik bekannte Komponist seine für die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Breslau geschriebene „Akademische Festouvertüre“einmal charakterisiert. Tatsächlich ist dieses Werk ein Musterbeispiel, wie sich Studentenlieder mit kunstvollster Kontrapunktik symphonisch verknüpfen lassen. Ob man diese so effektvoll-bombastisch herausarbeiten muss, wie es Thielemann und das Orchester im Konzerthaussaal vorgezeigt haben, darf allerdings dahingestellt werden.
Kräftigen Farben huldigte Thielemann auch bei der „Vierten Brahms“. Nur nahm er sich hier – namentlich im mit Finesse musizierten Andante moderato und dem dritten Satz – bewusst Zeit, auch die subtilen Momente dieser Symphonie plastisch herauszuarbeiten. Was man bei dieser Darstellung an Tiefenschärfe im Stirnsatz noch vermisste, dafür entschädigte das sich zu prächtiger Apotheose steigernde, besten philharmonischen Glanz ausstrahlende Finale, das auf den Widmann zuvor rückblendete. Denn auch dieser Satz ist vom Barock inspiriert.