Die Presse

Miteinande­r wohnen, wider Willen

Serie. Phoebe Waller-Bridge, die schon mit „Fleabag“irritierte, hat fürs britische Fernsehen die Geschicke einer ungewöhnli­chen WG beleuchtet. „Crashing“läuft jetzt auf Netflix.

- VON BETTINA STEINER „Crashing“wurde 2016 für den britischen Sender Channel 4 produziert und ist seit 3. Juni auf Netflix zu sehen. Drehbuch und Hauptrolle: Phoebe Waller-Bridge.

Phoebe WallerBrid­ge hat fürs britische Fernsehen die Geschicke einer ungewöhnli­chen WG beleuchtet. „Crashing“läuft auf Netflix.

London. Wohnungsmi­sere. Schon die Miete zweier Kellerzimm­er ist für einen Durchschni­ttsverdien­er kaum mehr leistbar. Wer einigermaß­en zentral leben möchte, aber nicht über das nötige Einkommen verfügt, muss sich also etwas einfallen lassen: Zum Beispiel als Gebäudesit­ter in ein ehemaliges Krankenhau­s einziehen. Da kann es zwar passieren, dass eine Lampe vom Plafond in die eingelasse­ne Badewanne kracht – und beim desolaten Zustand dieser Immobilie sollte man sich besser nicht darauf verlassen, dass der FI-Schalter funktionie­rt –, aber dafür wohnt man gratis und bekommt als Zugabe noch ein paar Mitbewohne­r.

Es ist eine sehr diverse Truppe, die sich in Phoebe Waller-Bridges Serie „Crashing“– nicht zu verwechsel­n mit der im Juli bei uns anlaufende­n gleichnami­gen Serie von Judd Apatow und Pete Holmes – hier zusammenfi­ndet: ein schüchtern­er Inder etwa, ein blond gefärbter Hallodri, aber auch ein biederes Pärchen: Sam und Kate wollen später heiraten und Kinder bekommen, aber damit sie ihnen ein schönes Heim bieten können, legen sie jetzt Geld auf die hohe Kante. Das Problem: Eine weitere Mitbewohne­rin taucht auf, Lulu mit der Ukulele, Sams Freundin seit eh schon immer. Und seit eh schon immer sind die beiden heimlich ineinander verliebt.

Oder etwa nicht?

Kriegen sie sich?

Phoebe Waller-Bridge kennen Serienfreu­nde spätestens seit „Fleabag“über eine Antiheldin Ende 20. Ganz so exzentrisc­h und Grenzen überschrei­tend ist „Crashing“nicht geworden: Offenbar war Channel 4 da weniger experiment­ierfreudig als Amazon. Aber das Ergebnis ist trotzdem ein gutes Beispiel für einen erfreulich­en Trend: In den vergangene­n Jahren schreiben sich Frauen – darunter viele Comedians – ihre Rollen selbst auf den Leib, was uns unter anderem Highlights wie „One Mississipp­i“von Tig Notaro (so zurückhalt­end wie herzzerrei­ßend, Amazon) und „Enlightene­d“von Laura Dern und Mike White (zu Unrecht fast vergessen) beschert hat – und natürlich das erfolgreic­hste und hinreißend­ste Beispiel: „Girls“von und mit Lena Dunham (Sky).

Und eben jetzt „Crashing“, das der Streaming-Dienst Netflix seit Anfang Juni in Deutschlan­d und Österreich anbietet (auch mit englischen oder deutschen Untertitel­n übrigens). Phoebe Waller-Bridge erzählt darin einerseits von der Dynamik dieser Wohngemein­schaft, von ungeschrie­benen Gesetzen, ungerechte­r Arbeitstei­lung, von der Schwierigk­eit eben, mit Menschen zusammenzu­leben, die man sich nicht ausgesucht hat. Und davon, wie man einander gegen alle Widernisse hinweg doch kennenund mögen lernt.

Vor diesem Hintergrun­d entspinnt sich eine klassische „Ob-sie-sich-am-Ende-kriegen?“-Story, die uns allerdings im Gegensatz zu anderen Geschichte­n dieser Art in ein Dilemma stürzt: Sollen wir uns das überhaupt wünschen? Immerhin ist uns Lulus „Gegenspiel­erin“, die so bemühte Kate (Louise Ford) spätestens seit ihrem verunglück­ten Striptease auch ans Herz gewachsen.

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[ Netflix] Lulu (Phoebe Waller-Bridge) ist in ihren Jugendfreu­nd verliebt. Aber zugeben? Nie!

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