Kosovo droht nach Wahl eine Dauerblockade
Schwierige Regierungsbildung. Die Parteiallianz einstiger UCK-¸Kämpfer muss nach dem Sieg bei der Parlamentswahl einen Koalitionspartner finden. Auch die linksnationalistische Vet¨evendosje gibt Anspruch auf Premiersamt nicht auf.
Belgrad/Prishtina. Hupende AutoKonvois, frenetisch geschwungene Landesfahnen des Kosovo und Flaggen mit den albanischen Farben: Zumindest beim Feiern ihrer vermeintlichen Siege standen sich die politischen Rivalen des Kosovo in der Wahlnacht in Prishtina um nichts nach. „Der Kosovo hat entschieden – und unserer Koalition den Sieg gebracht“, jubilierte der frühere UC¸K-Feldkommandant Ramush Haradinaj, der Spitzenkandidat des Wahlbündnisses seiner AAK mit der langjährigen Regierungspartei PDK und deren Ableger Nisma. „Hoffnung und Tapferkeit haben über die Angst gesiegt. Wir haben gesiegt“, verkündete derweil Albin Kurti, der Premier-Anwärter der linksnationalistischen Vetevendosje¨ (VV) – auf Deutsch „Selbstbestimmung“.
Tatsächlich ist die von der PDK geführte Allianz der alten Krieger der einstigen Untergrundarmee UCK¸ nach den vorgezogenen Parlamentswahlen wie erwartet mit 34,6 Prozent der Stimmen Kosovos stärkste Kraft. Doch nicht nur weil deren Wahlzweckbündnis mit vermutlich 40 Sitzen die anvisierte Mehrheit im 120-AbgeordnetenParlament klar verpasst hat, muss sich der Wahlfavorit trotz der demonstrierten Siegesfreude als der große Verlierer des Urnengangs fühlen: Gegenüber der Wahl von 2014, als PDK, AAK und Nisma getrennt auf rund 45 Prozent der Stimmen kamen, mussten die UCK-¸Nachfolgeparteien kräftig Federn lassen.
Für eine Regierungsmehrheit würde das Bündnis der Ex-Rebellen nun die Unterstützung von allen 20 Abgeordneten der Minderheiten benötigen – darunter die der Kosovo-Serben. Laut der vor- läufigen Auszählung dürften deren Sitze alle der von Belgrad kontrollierten Serbischen Liste zugefallen sein. Doch genau gegenüber Belgrad hatte der von Serbiens Justiz per Haftbefehl gesuchte Haradinaj im Wahlkampf betont feindselige Töne angeschlagen.
Nisma-Chef fehlte bei Feier
Die bisher oppositionelle Veteven-¨ dosje hat hingegen ihren Stimmenanteil mit 26,7 Prozent gegenüber 2014 fast verdoppeln können. Genau wie sie schloss auch die bisher mitregierende LDK (25,8 Prozent) noch in der Wahlnacht eine erneute Koalition mit der PDK von Staatspräsident Hashim Thaci¸ rigoros aus. Einige Medien spekulierten am Montag bereits über eine mögliche Regierungskoalition der Vetevendosje¨ und LDK, möglicherweise verstärkt durch Nisma: Auffällig genug wurde Nisma-Chef Fatmir Limaj bei der „Siegesfeier“ seines Wahlblocks nicht gesichtet. „Zwei Sieger, eine Regierung“titelte zu Wochenbeginn die Zeitung „Koha Ditore“: Es sei nach der Wahl völlig unklar, wer künftig die Regierung bilden werde.
Tatsächlich scheint dem Kosovo ähnlich wie 2014 erneut eine monatelange Hängepartie zu drohen. Und egal, ob am Ende Vete-¨ vendosje-Chef Albin Kurti oder doch Ex-Premier Haradinaj das Ruder übernehmen wird – neue Hindernisse für den von der EU forcierten, aber völlig festgefahrenen Dialog mit Serbien scheinen ausgemacht. Sicherheitshalber hat Brüssel bereits vorab verfügt, dass der Dialog künftig von den Präsidenten der beiden unwilligen Nachbarn geführt werden solle.
Doch wenn die Vereinbarungen des Zwangsdialogs von den Regierungen nicht umgesetzt werden, dürften sie auch künftig nur Papier bleiben.