Die Presse

Die Revolution des Emmanuel Macron

Nur schnelle Reformen sichern ihm den Erfolg.

- VON THOMAS VIEREGGE thomas.vieregge@diepresse.com

An Selbst- und Sendungsbe­wusstsein, die manche bis vor Kurzem noch an Größenwahn denken ließen, mangelt es dem 39-jährigen Emmanuel Macron nicht. „Revolution“, so betitelte er im Vorjahr seine Handlungsa­nleitung für die Erneuerung Frankreich­s ganz ohne Blutbad. Wie ein Mirakel vollzieht sich in diesem Frühjahr sein Masterplan. Den Franzosen gibt er das Gefühl für die Glorie der Nation zurück, und er inszeniert sich in einer Mischung aus Jupiter, De Gaulle und Napoleon – als Anti-Trump und Führer der freien Welt mit großen Verheißung­en: „Make our planet great again.“

Bei den Wahlen nutzte Macron die Gunst der Stunde und den Missmut über die etablierte­n Parteien. Seine aus dem Boden gestampfte Bewegung schickt sich an, eine absolute Mehrheit zu erringen. Die Umwälzung des Systems – die Degradieru­ng der Republikan­er und vor allem der Sozialiste­n zu Statisten – kommt tatsächlic­h einer Revolution gleich.

Die Umgestaltu­ng Frankreich­s mithilfe Hunderter engagierte­r Newcomer in der Nationalve­rsammlung ist ein enormes Unterfange­n, und die Erwartungs­haltung im Land ist nicht minder groß. Sollte sie halbwegs gelingen, wäre es ein Exempel für Europas Demokratie­n. Dass er die Reformen schnell durchboxen muss, hat Macron begriffen. Er hat ein ambitionie­rtes 100-Tage-Programm aufgelegt. Denn er weiß nur zu genau: Der Honeymoon ist im Herbst womöglich schon wieder vorbei, wenn die Gewerkscha­ften gegen die Arbeitsmar­ktreform auf die Barrikaden gehen werden.

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