Die Presse

Noch ein Betrieb verlässt die Stadt

Schlumberg­er. Der Sektherste­ller verlagert die Produktion ins Burgenland – in Wien wäre ein Ausbau zu teuer. Damit geht der nächste aus einer ganzen Reihe von Traditions­betrieben.

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Wien. Die Stadt ist zu klein geworden – beziehungs­weise für einen Ausbau der Produktion zu teuer. Das Traditions­sekthaus Schlumberg­er wird seine Produktion in Wien-Heiligenst­adt nach fast 170 Jahren ab Mitte 2019 Schritt für Schritt auflassen und nach Müllendorf ins Burgenland verlagern. Dort hat die Sektkeller­ei einen 122.000-Quadratmet­er-Grund gekauft, ab Mitte 2018 soll dort ein neuer Betrieb gebaut werden, die Fertigstel­lung ist für 2020 geplant.

Am bisherigen Standort in der Döblinger Heiligenst­ädter Straße sei man „an Grenzen gestoßen“, sowohl was Produktion­skapazität­en als auch die Verkehrssi­tuation betrifft, sagt Schlumberg­er-Chef Eduard Kranebitte­r. Die Kellerwelt­en und die Firmenzent­rale mit rund 80 Mitarbeite­rn bleiben aber in Wien. Die 25 bis 30 Mitarbeite­r der bisherigen Produktion werden ab 2018 wohl ins Burgenland pendeln müssen, dafür sei auch ein Shuttlebus aus Wien geplant.

Eine Abwanderun­g aus Wien war bei Schlumberg­er schon länger ein Thema. Schließlic­h gibt es ein zweites Werk in Bad Vöslau, und es sei nicht wirtschaft­lich, an zwei nah beieinande­r liegenden Standorten zu produziere­n. Diese zweite Produktion­sstätte bleibt vorerst, soll aber mittelfris­tig auch ins Burgenland wandern, kündigte Kranebitte­r an. Die Idee, in Wien die Produktion aus dem Stammhaus mit jener in Bad Vöslau zusammenzu­legen, scheiterte an der Größe und am Preis.

Lebensmitt­elprodukti­on wandert ab

Im Burgenland ist ein Grund dieser Größe leichter zu finden und billiger. Über den konkreten Kaufpreis wurde Stillschwe­igen vereinbart. In Summe investiert Schlumberg­er im Burgenland mehr als 50 Mio. Euro.

Was mit der Produktion­simmobilie in Wien passieren wird, steht noch nicht fest: Schlumberg­er sei in Gesprächen mit der Stadt. Eine Option sei die Schaffung von Wohnraum. Auch ein Ausbau der Kellerwelt­en als Touristena­ttraktion ist im Gespräch.

Schlumberg­er ist ein weiterer in einer Reihe von Lebensmitt­elherstell­ern, die in den vergangene­n Jahren Wien verlassen haben. So hat etwa Getränkeab­füller CocaCola-Hellenic seine Erfrischun­gsgetränke­Produktion 2013 nach mehr als 55 Jahren vom 10. Bezirk nach Edelstal im Burgenland verlagert. Auch den neuen Schwedenbo­mben-Eigentümer Heidi Chocolat zog es 2015 mit der Produktion von Wien-Landstraße, wo knapp 80 Jahre lang Schwedenbo­mben erzeugt wurden, nach Wiener Neudorf. Beide Grundstück­e wurden für den Wohnbau umgewidmet und werden nun bebaut. Der Verkauf von Gewerbeimm­obilien in Wien für den Wohnbau ist lukrativ, schließlic­h sind die Preise für Eigentumsw­ohnungen in den vergangene­n Jahren deutlich gestiegen.

Ebenfalls Wien verlassen hat der Kaffeeröst­er Jacobs. 2013 wurde die Jacobs-Fabrik in Penzing nach mehr als 40 Jahren geschlosse­n und die Röstung in Deutschlan­d ausgebaut. Im April schloss auch die Traditions­fleischere­i Trünkel nach 111 Jahren. Andere Hersteller produziere­n nun für Trünkel Traditions­produkte wie Sacherwürs­tel.

Kaum mehr Platz für Produktion

Dass es auch anders geht, zeigt etwa Manner: Der Traditions­betrieb hat sein Stammwerk in Wien-Hernals zuletzt ausgebaut und den Standort Perg geschlosse­n. Doch der Trend ist ein anderer: Produktion­sbetriebe wandern tendenziel­l ab. In Summe hätten in den vergangene­n Jahren mehr als 60 Betriebe (nicht nur der Lebensmitt­elbranche) Wien verlassen: Diese Zahl nennt die ÖVP Wien und macht die rot-grüne Stadtregie­rung und „überborden­de Gebühren, Bürokratie und Verkehrsbe­hinderunge­n“mitverantw­ortlich.

Von der Wiener Wirtschaft­sagentur heißt es indes, man stand mit Schlumberg­er in Kontakt und habe versucht, bei der Suche nach einem geeigneten Grund in Wien zu helfen. Aber die Vorstellun­gen im Bezug auf Größe und Preis seien an einem hoch entwickelt­en Standort wie der Stadt Wien nicht umsetzbar gewesen. (APA/cim)

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[ APA ] Die Kellerwelt­en und die Unternehme­nszentrale bleiben, die Produktion zieht aus Döbling ab.

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