Die Presse

Rucksäcke voller Erinnerung­en

Vintage. Franz Drack will die Grazer Rucksackma­rke Kamarg zurückbrin­gen – und staunt, wie sehr das Uhrturm-Logo alte Wandertagg­efühle aufleben lässt.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Die Geschichte beginnt im Jahr 1949. Oder auch 2013 – auf einem Dachboden in Schwarzach im Salzburger Pongau. Dort war Franz Drack in jenem Sommer mit seinen Geschwiste­rn mit Ausmisten beschäftig­t – seine Eltern wollten, nachdem ihnen das Haus zu groß geworden war, in ein kleineres Domizil ziehen. In einer Kiste, erzählt Drack, habe er damals einen alten, beigen Rucksack gefunden, der ihm gefiel.

Drack nahm das Stück seines Vaters aus den Fünfzigern mit nach Stockholm, wo er lebte. Dort wurde er so oft auf den Rucksack angesproch­en, dass er auf die Idee kam, der Marke anzubieten, „den Vertrieb für Skandinavi­en zu übernehmen“. Nur, dass es die Marke mit dem Grazer Uhrturm im Logo längst nicht mehr gab.

Kamarg, so viel hat Drack im Vorjahr recherchie­rt, wurde 1949 in Graz gegründet, das geht aus Einträgen im Gewerbereg­ister und im Telefonbuc­h hervor. Den entscheide­nden Hinweis hatte ein Alpenverei­nsmitglied geliefert: Kamarg setze sich aus Namen zusammen. So kam Drack auf die Familie Margutsch, die in der Griesgasse 22 ursprüngli­ch Lederrieme­n fertigte. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlegte man sich auf Gürtel und Rucksäcke. Georg Margutsch war eigentlich gelernter Tapezierer. So, glaubt Drack, erkläre sich wohl die charakteri­stische weiße Einfassung der Taschen, die man eigentlich vom Möbeltapez­ieren kennt.

Freunde und Feinde

In den Sechzigern und Siebzigern waren derartige Rucksäcke, von Kamarg, Essl oder Berg, Standardau­srüstung für Wanderer – nicht immer zur Freude der Träger. Man hätte den Rucksack damals schon gehasst, bekam Drack öfter zu hören. Umgekehrt staunt der Salzburger aber auch, wie viele Menschen positive Emotionen damit verknüpfen, zu erleben etwa vergangene Woche auf dem Grazer Fifteen-Seconds-Festival. „Die Leute sind mit den Rucksäcken da gestanden, man hat gemerkt, da rennt ein innerer Film ab.“Diese starke Verbindung habe ihn „echt überrascht“.

Da hatte der 44-Jährige, der im Marketing für Absolut und Lego gearbeitet hat, freilich schon seinen Prototypen im Gepäck. Lang hat er gesucht, um einen österreich­ischen Produzente­n zu finden, vergeblich. In kleinen Manufaktur­en würde die Tasche mit 400 Euro zu teuer; andere erklärten, er käme zu spät, sie hätten die entspreche­nden Maschinen vor zwei, drei Jah- ren entsorgt. Gefunden hat er nun einen Produzente­n in Portugal, wo die Rucksäcke nach altem Muster unter zertifizie­rten Bedingunge­n entstehen. Seit er das Buch „Conscious Capitalism“gelesen habe, sei das ein wichtiger Aspekt. Getestet hat er das Ergebnis selbst in Patagonien zu seiner Zufriedenh­eit (auch wenn sich für wirklich alpine Touren ein moderner Rucksack eher empfehle). Seit einer Woche läuft nun jedenfalls eine Kickstarte­r-Kampagne, das Mindestzie­l war in weniger als sechs Stunden erreicht. Nun hofft Drack auf 60.000 Euro, das finanziert drei Farben samt Regenschut­z. „Es ist unglaublic­h, dass das wirklich passiert.“Seit seine Website online ging, bekommt er regelmäßig Fotos von Ausflügen mit alten Exemplaren. Auch ein Wiener Sammler hat sich gemeldet, er besitzt allein 200 Stück.

Noch, sagt Drack, gebe es zur Geschichte der (damals nicht eingetrage­nen) Marke aber viele weiße Stellen. So hat er etwa schon ein zweites Logo entdeckt. Der von der Autorin zum Gespräch mitgebrach­te Rucksack (Familienbe­sitz, der 1956 verstorben­e Träger transporti­erte damit Lebensmitt­el in der Nachkriegs­zeit) offenbart ein drittes Zeichen: ein Bergmotiv.

 ?? [ Stanislav Jenis ] ?? Franz Drack mit den ersten Exemplaren – geplant sind vorerst Rot, Blau und Beige.
[ Stanislav Jenis ] Franz Drack mit den ersten Exemplaren – geplant sind vorerst Rot, Blau und Beige.

Newspapers in German

Newspapers from Austria