Österreich, in der Fußball-Sackgasse gefangen
Das ÖFB-Team vergab in Dublin die große Chance, für Klarheit zu sorgen – das Remis rettet nur die Sommerpause.
Ist es sinnvoll, von Russland oder WM-Playoff zu träumen anstatt sich Gedanken über eine Neuausrichtung zu machen?
Österreichs Fußballteam hat den so dringend benötigten Befreiungsschlag in Dublin verpasst. Mit dem enttäuschenden 1:1 gegen Irland hat sich das Blatt für Marcel Koller und seine Spieler in der WM-Qualifikation keineswegs verbessert; im Gegenteil. Jetzt lebt die minimale, nur in der Theorie existierende Chance weiter – also besteht ÖFB-intern auch kein Handlungsbedarf.
Bis zum 2. September und dem nächsten Entscheidungsspiel dann in Wales, wird weiter gehofft, von Koller tatsächlich „mehr Optimismus“verlangt und von Spielern munter erklärt, dass man wieder einmal wichtige Punkte zwar habe liegen lassen, jedoch mit vier Siegen weiterhin alles möglich sei für Russland 2018. Warum wurde das nicht schon gegen sehr schlecht spielende Iren umgesetzt?
Als Beobachter des ÖFB-Teams wähnt man sich in dieser WM-Qualifikation als Gefangener in einer Zeitschleife. Die Nachbetrachtung von Länderspielen klingt wieder so be- klemmend wie in der Zeit vor Koller. Absagen trüben das Bild, Rücktritte hinterlassen viele Fragen – die Ergebnisse stimmen nicht. Dublin war eine leichtfertig vergebene Chance, wieder einmal. Allerdings, das Team darf tatsächlich mit diesem Punkt zufrieden sein. Nach Wiederbeginn war ihm das Spiel entglitten, mit Pech und einem anderen Referee hätte das zweite Tor der Iren womöglich gegolten.
Ist es sinnvoll, von Russland oder dem Playoff für die WM 2018 zu fantasieren oder wäre es – vor der Sommerpause ist das kein absurder Gedanke –, nicht an der Zeit, sich Gedanken über eine Neuausrichtung zu machen? Die ÖFB-Variante, sich trotz der lauter tickenden Uhr weiter an den Grashalm zu klammern, dürfte dem Urlaub zuliebe bevorzugt werden.
Vier Runden vor Schluss dieser WM-Qualifikation wäre Österreichs Fußball gut beraten, der Entwicklung danach trotzdem bereits mehr Weitblick zu gönnen. Bei der sich Spiel für Spiel immer stärker aufdrängenden Teamcheffrage oder der Sinnkrise, ob Alaba nicht doch besser in der Abwehr aufgehoben wäre. Oder warum Junuzovic´ bei Werder Bremen sogar den Abstiegskampf abwenden kann, beim Nationalteam aber nicht in die Spur findet.
Den Ausgleich Dragovic´ anzulasten, wäre falsch. Der Leverkusen-Legionär spielte seine beste Partie seit Langem, er hätte zu diesem Zeitpunkt wegen der Wadenblessur ausgetauscht sein müssen – ob er es wollte oder nicht. Einen ohnehin empfindlichen Fußballer, der zudem eine wackelige Saison gespielt hat, kann man in solch einer Situation nicht weiter belasten. Trainer müssen das erkennen, sie sind näher dran – der Außeneindruck irritiert nun. Noch mehr, als es die zweite Spielhälfte getan hat.
Man dürfe nicht alles schlechtreden, sagt Koller. Man darf aber auch nicht die Augen vor der Realität verschließen, Zahlen lügen ja nicht. Aus bisher vier Spielen gegen Serbien, Irland und Wales hat Österreich in dieser WM-Qualifikation nur zwei Zähler verbucht. Für diese Enttäuschung ist der Schweizer, der System, Aufstellung und Taktik vorgegeben hat, verantwortlich. Sein Team kommt aus dieser Sackgasse nicht mehr heraus – und damit auch er nicht.