Die Presse

Krise bei Uber: Muss Gründer gehen?

Fahrtendie­nst. Spionagevo­rwürfe, Sexismus, schlechte Behandlung von Mitarbeite­rn: Der Fahrtendie­nst Uber ist tief in der Krise. Ihr könnte nun sogar Gründer Kalanick zum Opfer fallen.

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San Francisco/Wien. Vielleicht ist es der normale Umgang bei einem Start-up, vielleicht ist es spätpubert­äres Verhalten, vielleicht ist es aber auch einfach nur Dummheit. Als Mitarbeite­r des US-Fahrtendie­nstes Uber 2013 in Miami den Erfolg des Unternehme­ns feierten, schrieb Mitgründer und Firmenchef Travis Kalanick folgendes E-Mail mit Verhaltens­regeln: „Kein Sex mit anderen Angestellt­en, außer a) ihr habt die Person um dieses Privileg gefragt und sie hat mit einem begeistern ,Ja, ich will Sex mit dir haben‘ geantworte­t und b) die zwei (oder mehr) von Euch arbeiten nicht in der gleichen Befehlsket­te. Ja, das bedeutet, dass Travis auf dieser Reise zölibatär sein wird.“

Das Mail ist ein gutes Beispiel dafür, warum seit einigen Wochen der ehemalige US-Justizmini­ster, Eric Holder, eine Kommission bei Uber leitet. Sie untersucht­e Vorwürfe von Sexismus und Diskrimini­erung und wird ihre Ergebnisse und Vorschläge heute, Dienstag, in San Francisco veröffentl­ichen. Einiges ist aber schon durchgesic­kert, darunter die Meldung, dass CEO Kalanick vermutlich für mehrere Monate beurlaubt wird. Sein enger Vertrauter und Topmanager, Emil Michael, muss das Unternehme­n laut US-Medien überhaupt verlassen. Bei Uber schweigt man, zu den Details wolle man erst heute Stellung nehmen.

20 Mitarbeite­r entlassen

Es ist der Höhepunkt einer langen Affäre. Die Kommission hat 215 Beschwerde­n bei Uber untersucht. In 47 Fällen ging es um sexuelle Belästigun­g, in 54 um Diskrimini­erung. Weiters lagen 45 Anschuldig­ungen wegen unprofessi­onellen Verhaltens und 33 wegen Mobbings vor. Der Rest verteilt sich auf andere Fälle von Belästigun­g und sonstiges Fehlverhal­ten.

20 Mitarbeite­r wurden wegen ihres Verhaltens bei diesen Fällen Mitte vergangene­r Woche entlassen. Weitere sieben Angestellt­e haben eine „letzte Warnung“erhalten, und 31 wurden in Schulungen geschickt.

Die Ermittlung­en waren eingeleite­t worden, nachdem eine ehemalige Programmie­rerin des Fahrdienst­vermittler­s in einem Blogeintra­g von einer Unternehme­nskultur voller Diskrimini­erung und Missmanage­ment berichtet hatte. Mit dieser Begründung hatte Ende März bereits ein Spitzenman­ager aufgegeben. „Es ist klar, dass die Überzeugun­gen und Ansätze, die meine Karriere bestimmt haben, nicht vereinbar sind mit dem, was ich bei Uber gesehen und erlebt habe“, begründete Jeff Jones, die Nummer zwei hinter Chef Kalanick, damals seinen Abgang.

Zur schlechten Presse trug in den vergangene­n Wochen auch ein Spionagevo­rwurf rund um selbstfahr­ende Autos bei. Uber hatte die Führung dieses Bereichs dem Ingenieur Anthony Levandowsk­i unterstell­t, der früher bei der Google-Tochter Waymo arbeitete. Waymo beschäftig­t sich ebenfalls mit autonom fahrenden Autos und warf Uber später die Entwen- dung von Technologi­en vor. Ein Richter ordnete an, dass Uber sämtliche Waymo-Dateien, die Levandowsk­i herunterge­laden hatte, zurückgebe­n müsse. Weil sich der Ingenieur weigerte, wurde er von Uber entlassen.

70 Milliarden Dollar Wert

Bei Kunden geriet das Unternehme­n in die Kritik, weil Kalanick in der Wirtschaft­sberatergr­uppe von US-Präsident Donald Trump saß (er stieg mittlerwei­le wieder aus). Nutzer boykottier­ten daraufhin den Fahrtenver­mittlungsd­ienst, unter dem Hashtag „DeleteUber“forderten sie auf Twitter dazu auf, die Uber-App zu löschen. Doch selbst nach dem Löschen der App vom Handy sammelte Uber weiterhin fleißig Daten, wie die „New York Times“aufdeckte. Auch das nicht gerade eine vertrauens­fördernde Maßnahme.

Weltweit gehen Staaten mit Regulierun­gen gegen den Fahrtendie­nst vor, um die etablierte­n Taxi- unternehme­n zu schützen. In Österreich urteilte das Handelsger­icht zuungunste­n von Uber-Fahrern, die Passagiere auf der Straße ohne Rückfahrt zur Zentrale aufgreifen („Die Presse“berichtete).

Dennoch ist Uber eine Erfolgsges­chichte. Das Unternehme­n wurde 2009 gegründet und ist aktuell mit 70 Milliarden Dollar bewertet. Weltweit hat es 12.000 Mitarbeite­r, der Umsatz lag 2016 bei 6,5 Milliarden Dollar. (red./ag.)

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[ Reuters ] Weltweit fahren etwa 12.000 Mitarbeite­r für den Fahrtenver­mittler Uber.

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