Die Presse

Mysteriöse Jubelmeldu­ngen aus Teheran

Iran. Eine hochrangig­e österreich­ische Delegation ist derzeit im Iran. Die Gespräche laufen gut. Aber nicht so gut, wie es die iranischen Staatsmedi­en gern hätten. Deren Berichte über Milliarden­investitio­nen stellen sich als falsch heraus.

- VON NIKOLAUS JILCH

Teheran/Wien. Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling ist derzeit im Iran. In Begleitung von Nationalba­nkchef Ewald Nowotny und einer Wirtschaft­sdelegatio­n. Man ist am Wochenende angereist und kommt am Dienstag zurück. Das sind die Fakten. Der Rest sind entweder Fake News – oder einfach ein Missverstä­ndnis.

Jedenfalls haben iranische Medien am Sonntag und Montag allerhand Sensations­meldungen über den Besuch der österreich­ischen Delegation verlautbar­t, die sich bei näherer Betrachtun­g als falsch herausstel­len. So soll die Voestalpin­e an einem neuen Stahlwerk im Südiran beteiligt sein. Das berichtete der staatliche iranische Sender Press TV. Gleichzeit­ig soll die Oberbank eine Milliarde Euro an Finanzieru­ng zur Verfügung stellen. Diese Info stammt aus der englischsp­rachigen Zeitung „Financial Tribune“.

Einzig: In Oberösterr­eich weiß man herzlich wenig darüber. „Wir sind da definitiv nicht dabei“, sagt der Sprecher der Voestalpin­e, Peter Felsbach, auf Anfrage der „Presse“: „Mich würde interessie­ren, wer so ein Gerücht in die Welt setzt.“Und auch von der Oberbank kommt ein Dementi: „Wir wissen nicht, woher das mit der Kreditlini­e kommt. Das ist eine Falschmeld­ung“, so OberbankSp­recher Frank Helmkamp.

Was allerdings stimmt: Oberbank-Chef Franz Gasselsber­ger ist Teil der aktuellen Delegation – so wie auch andere Bankenvert­reter. Gasselsber­ger war auch schon im März im Iran. Sowohl für die Banken als auch für andere Unternehme­n aus Österreich ist der Iran nach dem offizielle­n Ende der Sanktionen ein attraktive­r Markt, aber die iranischen Partner schießen in der Berichters­tattung weit über das Ziel hinaus.

Alles ein Übersetzun­gsfehler?

„Die Presse“konnte am Montagnach­mittag auch Schelling-Sprecherin Michaela Berger im Iran erreichen. „Es geht hier um Wirtschaft­sbeziehung­en, das stimmt“, so Berger. „Österreich und der Iran können viel machen, etwa im Tourismusb­ereich. Es ist ein freundlich­er Besuch, die Gespräche sind gut. Wir haben verabredet, Dinge wie den Abbau von Zöllen voranzutre­iben. Wir werden von der Wirtschaft immer wieder auf den Iran angesproch­en. Es ist uns wichtig, die Beziehunge­n zu stärken“, so Berger.

Wie es zu den Falschmeld­ungen zu Voest und Oberbank kommen konnte? „Keine Ahnung. Das war hier kein Gesprächst­hema. Es kommt leider manchmal vor, dass etwas falsch verstanden wird.“Ein Übersetzun­gsfehler sei möglich. So sollen österreich­ische Bankenvert­reter etwa davon gesprochen haben, dass es „Millionen Anfragen“zu Projekten gegeben habe. Unterschri­eben sei zwar noch nichts. Aber man könne nicht ausschließ­en, dass der Satz im Iran zu Missverstä­ndnissen geführt habe – und in der Folge zu Jubelmeldu­ngen.

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