Die Presse

Wie Hotelbesit­zer Trump die Verfassung bricht

USA. Das Trump Hotel in Washington ist bei fremden Regierunge­n auffallend beliebt. Jetzt klagen die Hauptstadt und ein Bundesstaa­t – wegen Korruption.

- VON KARL GAULHOFER

Wien/Washington. Noch nie zuvor hatte der Botschafte­r von Georgien einen Übernachtu­ngstipp getwittert. Aber ein Aufenthalt in Washington im April hat ihn offenbar so begeistert, dass er aller Welt kundtat: „Großartige­s Hotel mit dem besten Service, den ich bisher in den USA erlebt habe! Weiter so!“Ganz toll findet auch die Botschaft von Kuwait das Haus. Sonst hätte sie wohl nicht eine Veranstalt­ung, die zuerst im Four Seasons geplant war, dorthin umgebucht. Im Mai finanziert­e der türkische Staat ein Event in der Luxusabste­ige. Die Regierung von Saudiarabi­en bucht laufend Zimmer in dem Etablissem­ent, ebenso wie viele Lobbyisten. Es liegt fast ums Eck vom Weißen Haus, in der historisch­en, lange verwahrlos­ten Hauptpost, und öffnete im Oktober generalren­oviert seine Pforten: das Trump Internatio­nal Hotel, benannt nach seinem Besitzer. Und hier beginnt das Problem – eine neue rechtliche Schlinge, die sich um den Hals des US-Präsidente­n ziehen könnte.

Am Montag haben die Generalsta­atsanwälte der Hauptstadt, Washington D. C., und des Bundesstaa­tes Maryland Klage gegen Donald Trump eingebrach­t. Der Vorwurf: Der Präsident verstoße gegen die Antikorrup­tionsregel­n der US-Verfassung. Die Schöpfer des amerikanis­chen Grundgeset­zes hatten Ende des 18. Jahrhunder­ts vor allem die Bestechlic­hkeit ihrer Diplomaten im Ausland im Auge, als sie jeder „Person mit öffentlich­em Amt“verboten, „Geschenke oder Vergütunge­n“gleich welcher Art „von fremden Staaten“anzunehmen. Diese „Vergütungs­klausel“war schon Thema, als George Washington Produkte seiner Farmen im Ausland verkaufen wollte. Zum aktuellen Fall meinen die Ankläger, beide Demokraten: „Noch nie hat ein Präsident diese Vorschrift der Verfassung so sehr missachtet.“

Fest steht: Trump hat mit der Tradition seiner Vorgänger gebrochen. Diese ließen ihr persönlich­es Vermögen für die Dauer der Amtszeit von einem „blind trust“verwalten, mit unabhängig­en Treuhänder­n, die keinen Kontakt zum Weißen Haus hielten. Der neue Präsident übergab die Trump Organizati­on einfach seinen beiden Söhnen. Wie unabhängig sind sie? Eric Trump, der für das Ho- tel in Washington verantwort­lich ist, verplapper­te sich im Gespräch mit einem „Forbes“-Reporter gehörig: Natürlich halte er seinen Vater mit Berichten über die finanziell­e Lage auf dem Laufenden. Überhaupt redeten sie viel miteinande­r und seien sich „sehr nahe“, ja „ziemlich unzertrenn­lich“– für viele ein klarer Beweis dafür, das hier von einer Trennung von Politik und privaten finanziell­en Interessen keine Rede sein kann.

Der Vermieter ist sein eigener Mieter

Warum klagen gerade Washington D. C. und das angrenzend­e Maryland? In beiden liegen mit Steuergeld­ern finanziert­e Kongressze­ntren. Das Argument: Ihnen drohen Einnahmen wegzubrech­en, wenn ausländisc­he Regierunge­n ihre Tagungen in Trumps Hotel verlegen, um den Präsidente­n zu umschmeich­eln. Kritik üben die Kläger auch an der Behörde, die die Immobilien des Bundes verwaltet, darunter das an Trump verpachtet­e Ex-Postgebäud­e. Sie ist dem Präsidente­n unterstell­t, womit der Pächter hier sein eigener Vermieter ist. Eine Klausel sehe klar vor, dass der Pachtnehme­r aussteigen muss, wenn er in ein Amt gewählt wird. Anfangs hätte die Behörde deshalb gefordert, dass Trump seine Anteile am Geschäft verkaufe. Im März aber gaben die Beamten überrasche­nd grünes Licht – nachdem ihnen mehr Budget versproche­n wurde. Wie ernst ist die neue Causa für Trump? Zunächst muss ein Bundesrich­ter entscheide­n, ob er die Klage zulässt. Zwei frühere Klagen wurden abgeschmet­tert. Die neue dürfte aber bessere Chancen haben, schon deshalb, weil sie von Gebietskör­perschafte­n kommt. Das Justizmini­sterium argumentie­rte bisher, die Autoren des Grundgeset­zes hätten mit „Vergütunge­n“keine Leistungen gemeint, die zu Marktpreis­en bewertet sind.

Auf jeden Fall wandten sich die Väter der Verfassung in einer zweiten Klausel direkt an den Präsidente­n: Damit er nicht einen Bundesstaa­t gegenüber anderen bevorzugt, dürfe auch er von diesen keine „Geschenke und Vergütunge­n“annehmen – es sei denn, der Kongress stimmt zu. Was nun, wenn die Trump Organizati­on für Immobilien­projekte in einem Bundesstaa­t dort Steuererle­ichterunge­n erhält? Um ähnlichen Interessen­skonflikte­n zu entgehen, zogen sich die Söhne des Staatsober­hauptes aus einigen ausländisc­hen Projekten zurück.

Überhaupt versprache­n sie, während der Amtszeit ihres Vaters auf neue Projekte zu verzichten, auch im Inland. Aber damit ist nun Schluss: Vorige Woche verkündete­n sie stolz den Bau eines ganzen Netzwerks von Hotels in Amerika – großteils in Bundesstaa­ten, die für Trump gestimmt haben. Für neue Klagen, so scheint es, ist gesorgt.

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[ Reuters ] Ein Luxushotel ums Eck vom Weißen Haus wird zum Symbol für Interessen­skonflikte des US-Präsidente­n.

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