Die Presse

Unheil für Trump rückt näher

USA. Sonderermi­ttler Robert Mueller nimmt nun auch Untersuchu­ngen gegen den US-Präsidente­n persönlich in der Affäre um eine RusslandCo­nnection seines Teams auf.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS SEIBERT Weitere Infos: www.diepresse.com/ausland

Washington. Fünf Monate nach seinem Amtsantrit­t sieht sich US-Präsident Donald Trump einem Ermittlung­sverfahren wegen Behinderun­g der Justiz gegenüber. Sonderermi­ttler Robert Mueller will laut Medienberi­chten herausfind­en, ob der Präsident in die Nachforsch­ungen der Bundespoli­zei FBI im Zusammenha­ng mit den mutmaßlich­en Manipulati­onsversuch­en Russlands bei der Präsidente­nwahl im Vorjahr eingegriff­en habe. Muellers Entscheidu­ng ist ein möglicher Wendepunkt in der Affäre. Erstmals steht Trump selbst im Zentrum von Ermittlung­en, die ihn das Amt kosten könnten.

Bereits in den kommenden Tagen wolle das mit weitreiche­nden Vollmachte­n ausgestatt­ete Expertente­am Muellers mehrere Chefs der US-Geheimdien­ste befragen. Geheimdien­stkoordina­tor Dan Coats, der Chef des Abhördiens­tes NSA, Michael Rogers, sowie der frühere NSA-Vize Richard Ledgett sollen den Ermittlern Auskunft geben. Dabei geht es offenbar um den Verdacht, dass der Präsident die Geheimdien­stspitzen gebeten habe, das FBI zur Einstellun­g von Ermittlung­en gegen seinen Ex-Sicherheit­sberater Michael Flynn zu bewegen.

Hackerangr­iffe in 39 Bundesstaa­ten

Mueller geht auf Anordnung des Justizmini­steriums seit einem Monat dem Verdacht nach, dass Hacker auf Befehl der russischen Regierung versucht haben, auf die US-Präsidente­nwahl im vergangene­n Jahr Einfluss zu nehmen und Trump dabei Vorteile zu verschaffe­n. Bisher ist unklar, wie weit die russischen Manipulati­onsversuch­e gingen und ob und inwieweit Trumps Wahlkampft­eam dabei half. Laut Medienberi­chten sind Hackeratta­cken in 39 der 50 Bundesstaa­ten festgestel­lt worden. Der Präsident weist alle Vorwürfe zurück.

Trumps Verhalten in den vergangene­n Wochen hat kritische Fragen jedoch lauter werden lassen. So entließ der Präsident den FBI-Chef James Comey und erklärte anschließe­nd, die Entscheidu­ng habe im Zusammenha­ng mit den Russland-Ermittlung­en den Druck auf ihn vermindert. Vor Comeys Entlassung soll Trump den Polizeiche­f gedrängt haben, Ermittlung­en gegen seinen früheren Sicherheit­sberater Flynn fallenzula­ssen. Comey hat Trump versichert, dass er nicht persönlich im Visier der Ermittler stehe. Doch das änderte sich laut „Washington Post“nach der Entlassung des FBI-Chefs. Das Blatt berief sich auf fünf namentlich nicht genannte Gewährsleu­te.

„Faule Geschichte“

Mueller, der selbst zwölf Jahre lang das FBI geleitet hat, will demnach wissen, ob Trump durch seine Forderunge­n an Comey oder seine Bitten an die Geheimdien­stchefs illegalerw­eise in die Russland-Ermittlung­en eingegriff­en hat. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, könnte der Kongress ein Amtsentheb­ungsverfah­ren wegen Strafverei­telung im Amt gegen Trump einleiten. Im Kongress haben Trumps Republikan­er die Mehrheit inne. Um ein Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Trump anzustoßen, müsste sich die Regierungs­partei also gegen den Präsidente­n wenden. Dafür gibt es bisher keine Hinweise, auch wenn sich mehrere Ausschüsse des Parlaments mit der Russland-Affäre befassen.

Trump erklärte über seine Anwälte, die neuesten Enthüllung­en seien skandalös und illegal. Der Präsident sieht die Russland-Er- mittlungen als Teil einer politische­n Verschwöru­ng der bei der Wahl unterlegen­en Demokraten. Via Twitter bezeichnet­e Trump die Angelegenh­eit als „faule Geschichte“. Philip Rucker, Chefkorres­pondent der „Washington Post“im Weißen Haus, veröffentl­ichte am Mittwochab­end – ebenfalls auf Twitter – den Text einer Sprachrege­lung der Regierung für den Umgang mit den neuen Vorwürfen. Demnach wird Sonderermi­ttler Mueller vorgeworfe­n, er wolle dem Präsidente­n eine Justizbehi­nderung anhängen, weil er keine Hinweise auf eine Zusammenar­beit von Trumps Wahlkampft­eam mit Russland finden könne.

Spekulatio­n über Entlassung Muellers

Berater und Freunde von Trump haben zuletzt über eine Entlassung Muellers durch den Präsidente­n spekuliert. Ein solcher Schritt würde den Verdacht gegen den Präsident jedoch nur noch weiter verstärken. Theoretisc­h könnte Trump zudem den jetzt von Mueller vorgeladen­en Geheimdien­stchefs auferlegen, bei der Befragung durch die Ermittler keine Interna preiszugeb­en.

Laut „Washington Post“würde ein solcher Schritt jedoch einem Verfassung­sgerichtsu­rteil aus der Zeit des Watergate-Skandals in den 1970er-Jahren widersprec­hen. Damals hat das höchste Gericht der USA entschiede­n, dass sich Regierungs­mitarbeite­r bei strafrecht­lichen Ermittlung­en nicht auf das Prinzip der Vertraulic­hkeit zurückzieh­en dürfen.

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