Die Presse

Trois-mille-huit, der Schöne

Gott in Frankreich. Mit dem neuen 3008er ist Peugeot ja ein wirklich schöner SUV gelungen, was schon einmal eine Kunst ist. Die „Presse“cruiste in der Topversion GT herum. Jetzt muss er sich nur noch technisch bewähren – beim Teutates!

- VON WOLFGANG GREBER

Es klingt schräg, wenn man eine Geschichte über ein elegantes Franzosena­utomobil mit Lemmy Kilmister beginnt: Mit dem harten Rocker und (manche sagen optisch herben) Sänger und Bassisten von „Motörhead“, der uns leider Ende 2015 Richtung Kurt Cobain, Jim Morrison und Co. verlassen hat. Nun, von ihm stammt ein schöner Satz: Er habe, sagte er einmal, eigentlich nur wegen der Frauen Gitarrespi­elen gelernt. „Ich konnte noch kaum spielen, aber sobald ich ’ne Gitarre in der Hand hatte, war ich im Nu von hübschen Frauen umringt. Har har!“.

Im Herbst hatte Peugeot eine Neufassung seines 3008er-SUV auf den Markt gebracht. Dessen ab 2009 gebauter Vorgänger galt als eigenartig, müde, lauwarm; der Chef unseres Motorresso­rts sprach von einem „wenig geglückten Crossover-Versuch mit Hamsterges­icht.“Als ich aber jüngst mit der neuen Topversion, dem 3008 GT, kreuzte, geschah Großes: Fast egal, wo man das zweifarbig grau/schwarz lackierte Schiff mit dem Löwen – er ist auch das Wappentier der alten ostfranzös­ischen Region FrancheCom­te´ – abstellte, war er (oder ich) im Nu von hübschen Frauen umringt: vor der Redaktion, dem Supermarkt, dem Schwimmbad, dem Wohnblock. Manche machten Handyfotos! Nun ja, halt wie bei meinem weißen 1983er-Käfer.

Mon dieu, was für ein Hintern

Heutzutage sind ehrliche Meinungen ja oft ein Wagnis, aber es ist halt so: Mit dem neuen 3008er haben die Nachfolger des Monsieur Armand Peugeot, der 1889 in der genannten Region bei Herimon-´ court nahe der Grenze zur Schweiz sein erstes Auto gebaut hat, etwas wirklich Schönes geschaffen. Er fällt in der Masse der SUVs mit ihrer genetisch bedingten Mischung aus Klobigkeit und Präpotenz positiv auf, ja aus der Reihe. Man gab ihm unüblich elegante Linien und weiche Kanten, obwohl er männlich-bullig wirkt. Die Frontlicht­er sind wie Katzenauge­n, der Kühlergril­l ist Kunst. Und da ist dieser Wahnsinnsh­intern mit den gedrit- telten Rückleucht­en drin, was Peugeot „Drei-Krallen-Optik“nennt.

Die GT-Topversion, die nur mit 180-PS-Diesel und Automatik kommt, schießt Noblesse aus allen Rohren, ohne affektiert zu wirken. Und was soll man sagen, wenn bei der Ausstattun­gsliste im Vergleich zu den billigeren Varianten Access, Active, Allure und GT Line fast jedes Optionskäs­tchen angekreuzt ist und man dennoch Zeug zukaufen kann? Der (teure) Testwagen hatte Panoramasc­hiebedach mit Jalousie, aus unsichtbar­er Quelle ließen sich feine Düfte versprühen, aus den Seitenspie­geln projiziert­en Lämpchen den Löwen auf den Boden, wenn man den Wagen im Dunkel abstellt oder ihn öffnet.

Auch innen ist der 3008er sehr okay: Das recht kleine, wenn ich richtig zähle, zehneckige Lenkrad vermittelt klare Boden- und Kur- venhaftung, die Hauptanzei­gen sind spacig, aber nicht übertriebe­n bling-bling, der zentrale, hoch aufragende Bildschirm mittig ist übersichtl­ich. Überhaupt fühlt man sich geborgen, und es herrscht von den Anzeigen, Tasten und Schaltern her eine Ordnung, wie sie nicht einmal die Preußen schaffen: Die wichtigste­n Funktionen sind nämlich über eine tr`es sexy Leiste sieben silbriger „Klaviertas­ten“auf der Mittelarma­tur ansteuerba­r. Die 6,6 Liter Durchschni­ttsverbrau­ch (644 km Testfahrt) gehen in Ordnung. Dass er gut auf der Straße liegt, ein Cote-ˆ d’Azur-haft cooles Fahrverhal­ten und einen auffallend kleinen Kurvenradi­us hat, sei nachgescho­ben.

Teutates war wohl neidisch

Und der Wermut? Abgesehen vom Luxusprobl­em, dass von Ledersitze­n beim Bremsen alles runterruts­cht, war der Kofferraum im Grundzusta­nd zu klein, um ein Fahrrad für Sechsjähri­ge aufzunehme­n. Der Motor schien akustisch Mühe beim forcierten Gasgeben zu haben. Die Motorhaube wirkte instabil: Bei Geschwindi­gkeiten schon leicht jenseits des Erlaubten (aber noch im Alltäglich­en) drang offenbar Wind darunter und ließ sie flattern. Es schien, als könne sie aufgehen. Sie war aber richtig zu.

Nun, das wird Teutates gewesen sein. Der alte Galliergot­t war wohl neidisch, dass ihm keine Frauen mehr nachschaue­n.

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Auch ein schöner Rücken kann entzücken. Der 3008er ist optisch gut gelungen und speziell von hinten ein Augenschma­us für Gott nicht nur in Frankreich.
[ Clemens Fabry ] Auch ein schöner Rücken kann entzücken. Der 3008er ist optisch gut gelungen und speziell von hinten ein Augenschma­us für Gott nicht nur in Frankreich.
 ?? [ Fabry ] ?? Sehr elegant, doch kein Bling-Bling.
[ Fabry ] Sehr elegant, doch kein Bling-Bling.

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