Keine Angst vorm arabischen „Fest“!
Volkstheater und Festwochen holen den Orient ins Stadtbild – mit Plakaten auf Arabisch. Schön! (Besonders, wenn man sie lesen kann.)
Mit Plakaten in Sprachen des Orients im öffentlichen Raum ist das ja so eine Sache. Zum einen scheint kaum jemand sehr stolz auf sie zu sein: Tauchen zum Beispiel Wahlplakate auf Türkisch auf, beeilen sich Politiker meist zu betonen, dass sie nicht dahinterstecken – womit sie gleich zweierlei kommunizieren: dass sie zur deutschen Sprache stehen und dass sie anscheinend so treue Fans haben, die in Eigeninitiative im Wahlkampf solche Plakate drucken – ja, soll man sie denn daran hindern?
Zum anderen dienen Plakate in diesen Sprachen auffallend oft der Belehrung – Stichwort Schwimmbadregeln. Linguistic-Landscape-Experten (ja, das Forschungsgebiet gibt es wirklich) weisen darauf hin, dass Verbote und Anweisungen im öffentlichen Raum viel öfter mehrsprachig ausgedrückt werden als neutrale Hinweise. Man wird also eher ein übersetztes „Grillen verboten!“finden als ein „Aufzug vorübergehend gesperrt“, und der Verdacht erhärtet sich: Fremdsprachen, vor allem die aus Nahost, sind im Stadtbild nicht sehr beliebt.
Unheikel ist die Angelegenheit also nicht. Noch heikler wird es, wenn es um Plakate mit arabischer Schrift geht – da weiß der Otto Normalöster- reicher ja nicht einmal, ob es sich um ein Wort oder ein Strickmuster handelt, und dann soll er das auch noch von rechts nach links anschauen, da wird einem ja schwindlig, nein, das will man lieber nicht sehen.
Diesen Frühling sieht man das aber in der ganzen Stadt, Volkstheater und Festwochen sei Dank: Ersteres, wo Lessings „Nathan der Weise“mit arabischen Übertiteln gezeigt wird, bewirbt das Stück auf seiner Fassade großflächig auch mit arabischen Lettern: Ausgesprochen „Nathan al-hakim“, mit angelsächsischem „th“und langem „i“. Und bei den Festwochen, deren Plakate das Wort „Fest“in allerlei Sprachen zeigen, ist die arabische Version die auffälligste: Ausgespro- chen „Hafla“mit stark gehauchtem „h“, bedeutend Feier oder Vorstellung, prangt das Wort in ganz Wien.
Beide Fälle sind nicht nur typografische Spielereien, sondern Vorstöße zur Kulturvermittlung an Randgruppen – schön, auch im ästhetischen Sinn, dass dazu die arabische Schrift eingesetzt wird. Denn ein bisschen (sprachliche) Horizonterweiterung tut nicht nur den zugezogenen Kulturkonsumenten gut, sondern auch den eingesessenen. Und ansehnlich sind die verschlungenen Lettern ja – auch, wenn man sie nicht lesen kann. Noch mehr, wenn man es kann. Das zu lernen ist übrigens gar nicht so schwer.
Da weiß mancher ja nicht einmal, ob es sich um ein Wort oder ein Strickmuster handelt.