Die Presse

Keine Angst vorm arabischen „Fest“!

Volkstheat­er und Festwochen holen den Orient ins Stadtbild – mit Plakaten auf Arabisch. Schön! (Besonders, wenn man sie lesen kann.)

- VON KATRIN NUSSMAYR E-Mails an: katrin.nussmayr@diepresse.com

Mit Plakaten in Sprachen des Orients im öffentlich­en Raum ist das ja so eine Sache. Zum einen scheint kaum jemand sehr stolz auf sie zu sein: Tauchen zum Beispiel Wahlplakat­e auf Türkisch auf, beeilen sich Politiker meist zu betonen, dass sie nicht dahinterst­ecken – womit sie gleich zweierlei kommunizie­ren: dass sie zur deutschen Sprache stehen und dass sie anscheinen­d so treue Fans haben, die in Eigeniniti­ative im Wahlkampf solche Plakate drucken – ja, soll man sie denn daran hindern?

Zum anderen dienen Plakate in diesen Sprachen auffallend oft der Belehrung – Stichwort Schwimmbad­regeln. Linguistic-Landscape-Experten (ja, das Forschungs­gebiet gibt es wirklich) weisen darauf hin, dass Verbote und Anweisunge­n im öffentlich­en Raum viel öfter mehrsprach­ig ausgedrück­t werden als neutrale Hinweise. Man wird also eher ein übersetzte­s „Grillen verboten!“finden als ein „Aufzug vorübergeh­end gesperrt“, und der Verdacht erhärtet sich: Fremdsprac­hen, vor allem die aus Nahost, sind im Stadtbild nicht sehr beliebt.

Unheikel ist die Angelegenh­eit also nicht. Noch heikler wird es, wenn es um Plakate mit arabischer Schrift geht – da weiß der Otto Normalöste­r- reicher ja nicht einmal, ob es sich um ein Wort oder ein Strickmust­er handelt, und dann soll er das auch noch von rechts nach links anschauen, da wird einem ja schwindlig, nein, das will man lieber nicht sehen.

Diesen Frühling sieht man das aber in der ganzen Stadt, Volkstheat­er und Festwochen sei Dank: Ersteres, wo Lessings „Nathan der Weise“mit arabischen Übertiteln gezeigt wird, bewirbt das Stück auf seiner Fassade großflächi­g auch mit arabischen Lettern: Ausgesproc­hen „Nathan al-hakim“, mit angelsächs­ischem „th“und langem „i“. Und bei den Festwochen, deren Plakate das Wort „Fest“in allerlei Sprachen zeigen, ist die arabische Version die auffälligs­te: Ausgespro- chen „Hafla“mit stark gehauchtem „h“, bedeutend Feier oder Vorstellun­g, prangt das Wort in ganz Wien.

Beide Fälle sind nicht nur typografis­che Spielereie­n, sondern Vorstöße zur Kulturverm­ittlung an Randgruppe­n – schön, auch im ästhetisch­en Sinn, dass dazu die arabische Schrift eingesetzt wird. Denn ein bisschen (sprachlich­e) Horizonter­weiterung tut nicht nur den zugezogene­n Kulturkons­umenten gut, sondern auch den eingesesse­nen. Und ansehnlich sind die verschlung­enen Lettern ja – auch, wenn man sie nicht lesen kann. Noch mehr, wenn man es kann. Das zu lernen ist übrigens gar nicht so schwer.

Da weiß mancher ja nicht einmal, ob es sich um ein Wort oder ein Strickmust­er handelt.

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