Das schöne Leben? Eine Lüge!
Serie. Mit „Riviera“startet Sky seine nächste eigenproduzierte Serie: eine Mischung aus Familiendrama und Thriller – glatt und berechnend, aber auch topbesetzt.
Es wirkt alles ein bisschen zu schön, um wahr zu sein. Der Pool: zu blau. Das Anwesen: zu groß. Die Jacht: zu glänzend. Und die schöne Blonde im blauen Seidennachthemd, deren deutlich älterer Ehemann sie betrachtet, während sie noch schläft: zu verliebt. Ein überzeichnetes Idyll, das einen an weiße Zähne und zu schlanke Taillen der Hollywood-Stars erinnert – und vielleicht auch an den Anfang von David Lynchs Klassiker „Blue Velvet“, dessen surreale Faszination diese Hochglanzserie freilich nicht erreichen kann. Vielmehr will die von Sky produzierte Dramaserie „Riviera“eher eine Art Nachfolger von glamourösen Familien- und Intrigengeschichten a` la „Denver Clan“sein . . .
Es geht um einen Familienclan, dessen Oberhaupt, Constantine (Anthony LaPaglia; „Without a Trace“), bei einer Explosion auf einer Oligarchenjacht ums Leben kommt. Ein Unfall? Mord? Oder hat der Mann seinen Abgang inszeniert – und lebt noch? Schon nach wenigen Minuten wird der erste Eindruck bestätigt: Hinter diesen schicken Fassaden ist etwas faul. Für die junge Witwe beginnt ein Spießrutenlauf: Georgina (blendend: Julia Stiles; „Dexter“, „Jason Bourne“) hat ihren Mann nicht nur geliebt, sie hat ihm auch vertraut, weshalb jedes neue Geheimnis, das sie über ihn, seine Geschäfte und seinen Lebendwandel erfährt, sie in eine immer noch tiefere Krise stürzt: War ihr schönes Leben nichts als eine Lüge? Hat ihr Mann sie als Kunstexpertin vielleicht nur benutzt, um mit Kunstspekulationen und dem Verkauf von gefälschten Gemälden noch mehr Geld zu verdienen. Während Georgina also an ihrem bisherigen Weltbild zu zweifeln beginnt, muss die Familie nach dem Tod des Patriarchen und wegen des Zugriffs von Interpol auf das Erbe zwangsweise zusammenrücken. Da offenbart sich ein Sammelsurium an schwierigen, zum Teil verhaltensoriginellen Persönlichkeiten. Auch das eine Überzeichnung diverser Reiche-LeuteKlischees – und das topbesetzt.
Wohlstandsverwahrloste Jugend
Lena Olin (sie spielte u. a. für Ingmar Bergmann, in der Kundera-Verfilmung „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“und in Roman Polanskis „Die neun Pforten“) tritt als Constantines Exfrau Irina wie eine giftige schwarze Witwe in Erscheinung: schön, undurchschaubar und immer auf der Suche nach noch mehr Geld. Ihre Kinder? Allesamt wohlstandsverwahrlost! Iwan Rheon („Game of Thrones“) macht seiner verwitweten Stiefmutter, die kaum älter ist als er, den Hof. Sein arroganter Bruder (Dimitri Leonidas) betäubt sich mit Drogen und markiert sein Revier, als wäre er schon Familienoberhaupt. Und die ätherische Schwester (Roxane Duran; „Das weiße Band“) mäandert zwischen Selbstmordkandidatin und Femme fatale.
„Riviera“ist eine Mischung aus Familiendrama und Thriller. Ein glatt poliertes Spektakel, für das Oscar-Preisträger („The Crying Game“) Neil Jordan (Buch und Regie) sehr effektvoll Schiffe explodieren, Partys inszenieren und tolle Autos an der Coteˆ d’Azur auf- und abfahren lässt. Sozialkritik oder Hintergedanken lassen sich nicht erkennen. Dafür ein wenig Berechnung, denn am Ende der vorerst fünf Folgen sind noch viele Fragen offen . . .