Die Presse

Luftmatrat­zen zwischen Entweder und Oder

- VON FRIEDERIKE LEIBL E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

Too Old to Rock ’n’ Roll, Too Young to Die“. Dieses Lied geht einem nicht aus dem Kopf, während man in würdeloser Verrenkung (und in potenziell würdeloser Kleidung) auf einer Luftmatrat­ze kniet, um sie vollkommen auszulasse­n. Unglaublic­h, wie hartnäckig Luft nicht hinauswill, die eine Woche zuvor erst nach langer Anstrengun­g hineingezw­ungen werden konnte.

In beide Richtungen hin geht es um maximale Befüllung beziehungs­weise Leere. Wenn aufblasbar­e Wasserspie­lzeuge nicht prall gefüllt sind, machen sie nicht nur einen traurigen Eindruck, sie sind auch unbrauchba­r. Und wenn vor der Abreise auch nur die kleinste Menge Luft drinnen bleibt, sind sie zu voluminös fürs Gepäck. So ergibt Jethro Tulls oben genannter Meilenstei­n von einem Lied sogar für Luftmatrat­zen Sinn: Es gibt eben einen Zustand, der zwischen Entweder und Oder liegt.

Es gibt viele ähnliche Beispiele im Alltag, und unser Umgang damit ist emotional. Was machen Sie mit Resten, die von einem Essen überbleibe­n, zu wenig für eine Mahlzeit, aber zu viel fürs Wegwerfen? Die „Restlküche“funktionie­rt oft nur theoretisc­h. Manchmal landet der Inhalt des kleinen Behälters, in dem man alles sorgfältig aufbewahrt hat, Tage später dann doch im Mistkübel. Manchmal weiß man schon, dass es so enden wird, während man die Reste in den Kühlschran­k stellt, das schlechte Gewissen wird nur vertagt.

Sichtbarer ist das Schicksal der Gummitiere, die schlapp und unnütz in den „Lost & Found“-Arealen von Ferienhote­ls herumliege­n. Sie werden nie mehr abgeholt. Dafür verkauft sich die neue Ware des Hotelshops sehr gut. Denn was man im Urlaub kauft, kann man auch leichter zurücklass­en, heißt es. An das und vieles mehr kann man denken, während des Kampfs mit der Matratze. Sie muss mit nach Hause, weil ihr größter Fehler die Makellosig­keit ist. Ihr geht einfach nicht die Luft aus.

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