SPÖ und FPÖ: Die unerträgliche Heuchelei der Sozialdemokratie
Wo der Kampf gegen den Faschismus bemüht wird, geht es den Sozialdemokraten um Macht, Geld und Jobs. Und sonst nichts.
Ein kleiner historischer Exkurs, weil es ja schon wieder eine Zeit her ist: als es die ÖVP im Jahre 2000 wagte, eine Regierung mit der FPÖ zu bilden, war so richtig der Teufel los. „Die Schande Europas“nannte „profil“diese Regierung, ein „Lichtermeer“am Heldenplatz und zehntausende Donnerstags-Demonstranten tobten gegen die Schüssel-Regierung an; die damals 15 anderen EU-Staaten verhängten gar Boykotte gegen Österreich. Man hätte meinen können, der soeben aus dem südamerikanischen Exil zurückgekehrte Hitler habe in Wien die Macht übernommen und die Errichtung des Vierten Reichs verkündigt, so hysterisch tobte der „antifaschistische Karneval“(Rudolf Burger) durchs Land.
Es wird interessant sein zu beobachten, wie die sogenannte „Zivilgesellschaft“und ihre im wesentlichen ja noch immer gleichen, bloß etwas betagter gewordenen Akteure nach der allfälligen Bildung einer SPÖ-FPÖ-Regierung reagieren werden. Ob „profil“also wieder von einer „Schande Europas“delirieren, der Heldenplatz zur Bühne für den antifaschistischen Widerstand wird und die EU Sanktionen gegen das rotblaue Regime verhängen wird. Stark zu vermuten ist: wir werden nichts von all dem sehen. Keine „Schande Europas“, kein Lichtermeer, schon gar keine Sanktionen, rein gar nix.
Das ist insofern bemerkenswert, als sich die FPÖ seit damals ja nicht nennenswert geändert hat. Was sich geändert hat, ist nicht das Wesen der Freiheitlichen, sondern das politische Interesse der SPÖ und der ihr nachgelagerten „Zivilgesellschaft“aus Kultur, Medien, und anderen Bereichen des öffentlichen Lebens. War die Teilhabe der FPÖ an der Regierung damals mit dem Verdrängen der SPÖ und Teilen dieser „Zivilgesellschaft“von den Futtertrögen verbunden, ist die Teilhabe der FPÖ an der Regierung heute möglicherweise der einzige Weg für SPÖ und „Zivilgesellschaft“, den Platz an jenen Tränken zu behalten.
Ob eine Koalition mit den Blauen eine „Schande Europas“oder bloß „weniger unappetitlich als Schwarz-blau“(so der Kanzler-Hagiograf und linke Journalist Robert Misik 2017) ist, hängt einzig davon ab, ob eine derartige Koalition dem sozialdemokratischen Planeten und seinen Bewohnern und Profiteuren dabei hilft, ihre materiellen Interessen zu verteidigen
Das ist im Grunde ja auch legitim – es hat bloß mit dem jahrzehntelang hypermoralisierend aufgeladenen Anspruch der SPÖ und ihrer „Zivilgesellschaft“nichts zu tun, die Republik gegen den drohenden Faschismus der bösen Blauen heroisch zu verteidigen. Dieses Narrativ war immer nur für die schlichtesten aller Charaktere glaubwürdig. Es geht um die Macht, das Geld und die Meinungshoheit, und sonst um nichts.
Ein überschaubar appetitliches Phänomen, das derzeit nicht nur in Österreich gut beobachtet werden kann. Frankreichs Rechtspolitikerin Marine Le Pen gilt der europäischen „Zivilgesellschaft“, aber auch den meisten Medien nicht zuletzt ihrer islamkritischen Haltung wegen als üble Rassistin. Dass hingegen die britische Labour-Partei unter Jeremy Corbyn zu einem Hort allerübelsten Antisemitismus geworden ist, wird mit völlig unpassender Nonchalance unter den Teppich gekehrt. „Ein toller Erfolg für Jeremy Corbyn“, gratulierte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz seinem britischen Kollegen (übrigens: Kompliment an Christian Kern, der das vermieden hat).
Ausgerechnet jenem Corbyn, der sich schon 2009 als Freund der Terrororganisation Hamas deklariert hat: sie sei eine „Organisation, die dem Wohle des palästinensischen Volkes dient und dauerhaften Frieden sowie soziale und politische Gerechtigkeit im gesamten Nahen Osten bringt“. Auf die Idee, die Hamas so zu beschreiben, muss man einmal kommen.
Dass Schulz das nicht weiter zu stören scheint, so lange ihm ein Erstarken der Sozialisten in Großbritannien ein wenig dringend benötigten politischen Aufwind verschafft, ist letztlich genau der gleichen Logik geschuldet wie die plötzliche Weißwaschung der FPÖ durch die hiesige Sozialdemokratie – es geht um Macht, um Geld, um Jobs, und sonst um nichts.