Computer sollen Banker entlasten
Arbeit. Junge Investmentbanker sind immer seltener bereit, 18 Stunden am Tag zu arbeiten. Goldman Sachs will nun Computer Börsengänge durchführen lassen.
New York. Topmanager von Goldman Sachs haben sich genau angesehen, wie die Bank eigentlich Börsengänge durchführt. Sie ermittelten 127 Schritte bei jedem IPO („Initial Public Offering“, steht für Börsengänge) und stellten Überlegungen an, wie viele davon von Computern übernommen werden könnten – anstelle von Menschen. Die Antwort bislang: rund die Hälfte.
Nur 21 Monate nach der Ankündigung der Bank, eines der lukrativsten Geschäftsfelder der Wall Street neu aufzustellen, hat das Projekt nun Wege identifiziert, die Tausende an Arbeitsstunden von Menschen wegfallen lassen.
Eine computerbasierte Schnittstelle namens Deal Link hat dabei informelle Prüflisten ersetzt. Sie arrangiert und verfolgt nun Rechts- und Compliance-Prüfungen, füllt Formulare aus und erstellt Berichte.
Die Fortschritte bei der Initiative, die von führenden GoldmanBankern zuletzt in Interviews mit Bloomberg beschrieben wurden, beweisen, dass Investmentbanken möglicherweise dazu in der Lage sind, Aufgaben zu automatisieren, die einst über die Möglichkeiten von Computern hinausgingen.
Abwanderung verhindern
Die Branche befindet sich unter enormem Druck, die Profitabilität zu steigern – während junge Mitarbeiter zunehmend weniger dazu gewillt sind, 18 Stunden am Tag zu arbeiten. Goldman-Manager sagen, sie setzen auf neue Technologien, um besonders Junior-Banker von gewissen Aufgaben zu entlasten und ihnen so Arbeiten zu ermöglichen, die zufriedenstellender sind.
Das könnte letztlich dazu beitragen, die Abwanderung von Talenten in Richtung Beteiligungsgesellschaften, Technologieriesen wie Google oder heißer Start-upUnternehmen zu verlangsamen. Am Anfang wurden Arbeitsschritte unter die Lupe genommen, bei denen mögliche Veränderungen am offensichtlichsten waren: Routine- Anrufe, E-Mails und Aufgaben, durch die sich junge Banker zu Beginn eines jeden IPOs kämpfen müssen. Dazu zählen etwa Telefonate mit der Compliance-Abteilung, um nach potenziellen Konflikten Ausschau zu halten, oder mit der Rechtsabteilung, um Anwälte zuzuordnen.
„Wir versuchen, uns um jene Dinge zu kümmern, die überflüssig sind, die sich am häufigsten wiederholen, die die meiste Arbeitskraft binden – und diese zu automatisieren, sodass wir Zeit sparen könnten“, berichtet George Lee, Chief Information Officer in der Investmentbanking-Sparte von Goldman Sachs.
In diesem Jahr erreicht Goldman Sachs bislang den sechsten Rang unter Managern von globalen Börsengängen – das ist die schlechteste Position der Bank in derartigen Rankings seit 2012, wie aus Daten von Bloomberg hervorgeht. Für Banken handelt es sich um ein besonders begehrenswertes Geschäft. (Bloomberg)