Die Presse

In Wohnung Drogen hergestell­t: Mieter darf trotzdem bleiben

Suchtgift. Auch wenn jemand zu Hause für sich Drogen fabriziert hat, sei anderen Hausbewohn­ern das Zusammenle­ben noch zumutbar, sagt der OGH.

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Wien. Wenn ein Mieter von seiner Wohnung einen „erheblich nachteilig­en Gebrauch“macht, kann er laut Gesetz seine Wohnung verlieren. Und im Sinne des Erfinders hatte ein Mann in Wien seine Wohnung sicher nicht genutzt. Denn er stellte darin Drogen her. Doch auch wenn es zwischenze­itlich so aussah, als müsste der Mann seine Wohnung verlassen, darf er nach einem Urteil des Obersten Gerichtsho­fs (OGH) nun doch bleiben.

Ein auf Dauer eingericht­etes Drogenlabo­r habe der Mann angelegt, klagte der Vermieter. Der Mann nutze seine Wohnung zur Herstellun­g und zum Vertrieb illegaler Substanzen. Wenn man so jemanden im Haus habe, beeinträch­tige das den Ruf des Vermieters und sorge so für einen finanziell­en Schaden. Und auch andere Hausbewohn­er würden sich beschweren. So teilten zwei Mieter dem Vermieter mit, dass sie Angst vor dem unliebsame­n Mitbewohne­r und „seinem Gefolge“hätten und deswegen ausziehen wollen.

Alles halb so wild, meinte der Mieter. Er habe doch nur ein einziges Mal Suchtgift hergestell­t, und auch das nur für den Eigenverbr­auch. Und die Wohnung nutze er sonst so wie vorgesehen.

Objektivie­ren lässt sich, dass der Mann wegen Verstoßes gegen das Suchtmitte­lgesetz zu zwei Monaten bedingter Haft verurteilt worden war. Nachgewies­en wurde dem Mann, dass er einmal vier Gramm Suchtgift (Methamphet­amin) in seiner Wohnung hergestell­t hat. Laut dem Urteil hat der Mann die Drogen zum eigenen Gebrauch fabriziert. Dem strafrecht­lichen Urteil vorangegan­gen war eine Hausdurchs­uchung in der Wohnung des Mannes. Bei dieser war die Wohnungstü­re zerstört worden, der Mieter ließ sie auf seine Kosten reparieren. Nicht festgestel­lt werden konnte vor Ge- richt, dass durch die Lagerung der Mittel, die der Mann für die Herstellun­g seiner Drogen benötigte, die Bausubstan­z des Hauses gefährdet worden wäre.

Wie also nun umgehen mit diesem Fall? Das Bezirksger­icht Wien Innere Stadt wies die Räumungskl­age ab. Es fehle der Beweis dafür, dass wichtige ideelle oder wirtschaft­liche Interessen des Vermieters verletzt wurden.

Andere Bewohner gefährdet?

Das Wiener Landesgeri­cht für Zivilrecht­ssachen erklärte hingegen, dass der Mieter die Wohnung verlassen müsse. Auch wenn der Mann das Suchtgift nur für sich selbst hergestell­t habe, „ändere dies nichts an der Verwerflic­hkeit seines Verhaltens und an der potenziell­en Gefährdung der übrigen Hausbewohn­er“. Und „keinem Mieter könne es zugemutet werden, mit seiner Familie in einem solchen Haus zu wohnen, zumal die Suchtgifte­n anhaftende Anziehung allgemein bekannt sei“, betonte das Landesgeri­cht.

Der OGH (9 Ob 17/17s) drehte das Urteil aber wieder um: Das einmalige Herstellen von Suchtgift für den Eigenbedar­f sei „zwar keineswegs zu verharmlos­en“. Aber es sei in dem Fall objektiv betrachtet auch noch „nicht geeignet, anderen Mitbewohne­r des Hauses das Zusammenle­ben zu verleiden“. Und „die subjektive Besorgnis einzelner Hausbewohn­er gründet auf Vorfälle, die nicht dem Beklagten zugerechne­t werden konnten“, meinte der OGH. Der Mann darf in der Wohnung bleiben. (aich)

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