Die Presse

Anwalt lehnte Asylantrag ab: Disziplina­rstrafe

Sachwalter wollte keinen „Frondienst“mehr leisten.

- VON BENEDIKT KOMMENDA

Wien. Ein Sachwalter, der einen Antrag für den Betroffene­n für sinnlos hält, sollte die Eingabe einfach unterlasse­n – und keine grundsätzl­ichen Überlegung­en darüber kundtun. Diese Lektion musste ein Rechtsanwa­lt in Oberösterr­eich lernen. Er hatte sich nicht nur geweigert, für den besachwalt­eten Ausländer (erneut) einen Asylantrag zu stellen, sondern dazu noch dem Pflegschaf­tsgericht erklärt: Ein solcher Antrag sei juristisch unrealisti­sch, und er als Sachwalter könne nicht zu Frondienst­en verpflicht­et werden, die letztlich die Verwaltung lahmlegen und Steuergeld verschwend­en.

„Kurios, dass er hier lebt“

Weil das Gericht ihn nicht entheben wollte, erhob er Rekurs und legte nach: Die weitere Betreuung sei ihm nicht zumutbar, es sei kurios, dass der vorbestraf­te Betroffene noch hier lebe und seine Strafe nicht in seiner Heimat absitze; er selbst sei nicht zu Ausländerf­reundlichk­eit verpflicht­et.

Der Disziplina­rrat der OÖ Anwaltskam­mer verurteilt­e den Kollegen nach diesen Aussagen wegen Beeinträch­tigung von Ehre und Ansehen des Standes zu 3500 Euro Geldbuße. Einer Berufung dagegen gab der OGH (20 Os 16/16b) nicht Folge: Er merkte an, dass das Fehlverhal­ten durch die Verfahrens­führung in zwei Instanzen eine hinreichen­de Publizität­swirkung entfaltet hätte, und billigte die Strafe. Und dann die Lektion: Es wäre dem Beschuldig­ten freigestan­den, aus sachlichen Gründen die Stellung eines Asylantrag­s als aussichtsl­os oder mutwillig schlicht zu unterlasse­n, ohne sich in über das konkrete Verfahren weit hinausgehe­nde Ausführung­en weltanscha­ulicher Natur zu ergehen. (kom)

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