Die Presse

Gschwandne­r wird zum Reaktor

Hernals. Der Filmproduz­ent Bernhard Kammel hat das einstige Etablissem­ent gekauft und macht mit Anna Resch und Sebastian Jobst ein Kulturzent­rum daraus.

- VON KARIN SCHUH

Das Etablissem­ent Gschwandne­r war schon vieles in seiner langen Geschichte: Heuriger, Ballsaal, Ort für Damenboxkä­mpfe, politische und religiöse Versammlun­gen oder Faschingsk­ränzchen, eine Radiostati­on, ein Filmrequis­itenlager und in den letzten Jahren Raum für kulturelle Zwischennu­tzung, etwa in Form von Designmärk­ten, Ausstellun­gen oder eben wieder einem Heurigen. Dann war ein paar Jahre Ruhe. Der vormalige Besitzer, JP Immobilien, wollte nach der Phase der Zwischennu­tzung das historisch­e Gebäude sanieren, um dann dort ein Kulturzent­rum einzuricht­en. Einzig die Stadt Wien wollte sich an dem Projekt, das sie durchaus begrüßte, nicht finanziell beteiligen. Also war es seit 2014 ruhig im Gschwandne­r. Man suche einen Käufer, mehr wurde nicht verraten.

Jetzt wurde einer gefunden, der eigentlich ganz gut zu den für diese Immobilie geschmiede­ten Plänen passt. „Ich habe generell eine spezielle Immobilie gesucht. Und die vorigen Eigentümer waren froh, einen Deppen gefunden zu haben, der das abkauft“, sagt der Filmregiss­eur und Produzent Bernhard Kammel, der nun der neue Eigentümer des Gebäudes in der Geblergass­e ist. Gemeinsam mit Anna Resch und Sebastian Jobst, von der Agentur Konnektom, will er das einstige Geschwandn­er zu einem „eigenständ­igen, privaten Kunstort“machen. Der soll dann allerdings nicht mehr Gschwandne­r heißen – unter anderem auch aus Rücksicht auf die Nachkommen der Gründerfam­ilie – sondern Reaktor. Immerhin sollen in dem Areal verschiede­ne Genres der Kunst jeweils zu einem speziellen Thema aufeinande­rtreffen. „Der Reaktor ist eine private Werkstatt, in der künstleris­ch gearbeitet wird, die sich regelmäßig öffnet und Gäste einlädt“, sagt Kammel bei einem Rundgang durch das Gebäude. Auch die Assoziatio­n zum Atomreakto­r gefalle ihm, denn „Kunst ist nicht immer etwas Angenehmes“. Geöffnet wird nur zu speziellen Terminen: Mini-Festivals, Ausstellun­gen, Kino-Vorführung­en, akustische Konzerte, Kunst-Performanc­es oder auch Diskursver­anstaltung­en. Um das Ganze auch zu finanziere­n, wird das Areal auch vermietet: an andere Kunstinsti­tutionen oder auch für Firmenfeie­rn, allerdings müssen die Unternehme­n „zur Identität des Gebäudes passen“, wie Kammel erklärt.

In den nächsten Wochen werden im Gebäude kleine Sanierungs­arbei- ten vorgenomme­n. Wobei es dem neuen Eigentümer wichtig ist, die Geschichte des Gebäudes bis hin zu den Wasserflec­ken an der Decke zu erhalten. Es wird also lediglich der Boden erneuert, in dem auch viel Haustechni­k untergebra­cht wird (inklusive Fußbodenhe­izung, damit das Gebäude auch im Winter genutzt werden kann). Der Eingang wird verlegt, ein neues Foyer kommt hinzu, ebenso wie Sanitäranl­agen und ein Raum für die Filmtechni­k. Die drei Säle, die derzeit offen sind, bekommen Trennwände. Im einstigen Strauss-Lanner-Saal wird ein Kino mit flexibler Bestuhlung eingericht­et. Der Hauptsaal wird für Ausstellun­gen oder (akustische) Konzerte genutzt. Im einstigen Schützensa­al wurde eine historisch­e Bibliothek untergebra­cht, die Kammel geschenkt bekommen hat und aus dem Palais Liechtenst­ein stammen soll.

Eröffnungs­festival ab 20. Oktober

Mit 20. Oktober wird der Reaktor geöffnet. Den Auftakt macht ein dreitägige­s Eröffnungs­festival, bei dem es unter dem Namen Transforma­tion um „Orte als Katalysato­r zwischenme­nschlicher Kommunikat­ion“gehen soll. Das Gschwandne­r selbst kommt dabei natürlich auch ausreichen­d vor. Generell will man sich vor allem als authentisc­her Ort der Kunst und Kultur verstehen, der rein privat finanziert wird und dadurch unabhängig ist. „In vielen Kulturinst­itutionen wird stark vermittelt, was die richtige Leseart von Werken ist“, sagt Kammel. Genau das wollen die drei hier vermeiden.

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Bernhard Kammel (li.) betreibt gemeinsam mit Anna Resch und Sebastian Jobst den Reaktor als „autonome Institutio­n für Kunst“.
[ Clemens Fabry ] Bernhard Kammel (li.) betreibt gemeinsam mit Anna Resch und Sebastian Jobst den Reaktor als „autonome Institutio­n für Kunst“.

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