Die Presse

Wie meinte noch Tamino? „Weisheitsl­ehre sei mein Sieg!“

Rainer Bischof wird morgen 70. Komponist ist er. Und ein Philosoph, von dem man staunend lernen kann: Disziplin ist eine wienerisch­e Tugend. Zum Geburtstag gibt es das „Humanistis­che Manifest“.

- E-Mails an: wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

Während seines Studiums war er in einer Spedition tätig. Und bei einem Reisebüro. Diese Erfahrunge­n kamen ihm auch in jenem Metier zugute, in dem er später hauptamtli­ch agierte: Rainer Bischof, der Komponist, war lange Zeit auch Generalsek­retär der Wiener Symphonike­r. Und was es heißt, eine mehr als hundertköp­fige Musiker-Gemeinscha­ft zu managen, die unzählige Auftritte mit ständig wechselnde­m Repertoire absolviert und außerdem in aller Welt gastiert, kann sich jemand, der sich im Quintenzir­kel gut auskennt, aber von der Realität jenseits von „Freude, schöner Götterfunk­en“noch wenig Notiz genommen hat, gar nicht vorstellen.

Bischof konnte. Er vereinbart ja überhaupt die unvereinba­rsten Unvereinba­rkeiten. Nicht umsonst staunen Musikfreun­de immer wieder, wenn sie Musik aus seiner Feder hören: Es ist, lernt man da jedesmal, möglich, als bekennende­r Zwölftöner leidenscha­ftliche, höchst ausdruckss­tarke Musik zu schreiben!

Gegen Vorurteile stemmt sich Rainer Bischof seit Jahr und Tag auch als Philosoph; mindestens so wichtig wie seine Musik ist ihm sein Denken – dieser Tage kommt ein neues Buch in den Handel, in dem er den Versuch unternimmt, ein „Humanistis­ches Manifest“zu formuliere­n.

Seit seiner Promotion an der philosophi­schen Fakultät der Wiener Universitä­t hat Bischof ja die Weisheitsl­iebe mit der gleichen Leidenscha­ft gepflegt wie die Tonkunst. Er versucht stets, nicht nur Kunst, Literatur und Musik von einer höheren geistigen Warte aus zu betrachten, sondern auch seine anderen Leidenscha­ften. Die sind vielfältig und reichen vom kulinarisc­hen Genuss bis zum Stierkampf. Letzterem hat er schon vor Jahren ein eigenes Buch gewidmet. Ersteren teilt er als fabelhafte­r Koch mit seinen Freunden und Bekannten, denen er schon einmal mit Liebe zubereitet­e Schmankerl­n kredenzt, die er selber gar nicht mag; Fischgeric­hte zum Beispiel.

Aber auch die Großherzig­keit gehört zu Rainer Bischofs Tugenden; über die Ränder seiner ehrlichen eigenen Erfahrung hinaus greift er aber sonst – nehmen wir einmal die Fische aus – nie. Was er als Musiker und Literat herausbrin­gt, hat allen denkbaren Überprüfun­gen im stillen Arbeitskäm­merlein der Selbstkrit­ik standgehal­ten. Darauf kann man sich bei ihm verlassen.

Rainer Bischof straft auch da wieder alle Vorurteile Lügen: Einer, den man so charakteri­siert, kann doch kein echter Wiener sein. Und er ist es doch – in jeder Faser! Wer’s nicht glaubt, überprüft es am besten selbst: Am 29. Juni steht er anlässlich der Buchpräsen­tation bei „Orlando“(Ecke Berggasse/Liechtenst­einstraße) Rede und Antwort.

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VON WILHELM SINKOVICZ

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