Die Presse

Bretterbud­ensongs aus der Wüste

Americana. Son of the Velvet Rat, vor drei Jahren in die USA ausgewande­rt, präsentier­en ihr bislang bestes Album „Dorado“im Wiener Rhiz. „Die Presse“sprach mit Georg Altziebler.

- VON SAMIR H. KÖCK live in Wien: Rhiz, 22. Juni.

Für manche von uns sind Lieder der einzige Besitz. Allerdings einer, der auf die Möglichkei­t einer soliden Erlösung hinweist“, schreibt der amerikanis­che Meistermus­iker und Weltklasse­produzent Joe Henry in den Linernotes zu „Dorado“. Das Erstaunlic­he daran? Diese schattige Liedersamm­lung stammt aus der Feder eines Österreich­ers. Georg Altziebler, Sänger und Komponist der 2003 gegründete­n Band Son of the Velvet Rat, hat sein angestammt­es Revier Klagenfurt verlassen. Vor dreieinhal­b Jahren zogen er und seine ihn an den Keyboards begleitend­e Heike Binder in die Wüste ca. 200 km östlich von Los Angeles. Im kargen Hinterhof ihrer Bretterbud­e wächst eine Josua-Palmlilie. Ihr Leben funktionie­rt nun im Takt, den die Green Card vorgibt.

Von März bis Juli touren Son of the Velvet Rat in Europa, den Rest des Jahres ist man in den USA kreativ. Der Einstieg in die amerikanis­che Musikszene glückte problemlos. „Mich hat total überrascht, wie kollegial die Musiker in den USA sind“, so Altziebler. Einige Kontakte hatte man schon, andere Bekanntsch­aften ergaben sich recht locker. Etwa jene mit Lucinda Williams, Königin des Alternativ Country. Bei einem Konzert im Hotel Cafe in Hollywood kam sie einfach backstage. „Sie fiel mir schon während des Konzerts auf, weil sie immer wieder was dazwischen rief. Später hätte ich sie beinahe aus der Garderobe hinauskomp­lementiert. Wegen ihrer Baseballka­ppe erkannte ich sie nicht gleich.“Man blieb in Verbindung, Williams sang sogar einen Song von Altziebler.

Das war ein erstes Highlight in den USA von einem, der seine frühe Jugend in karin- thischen Rockbands vergeudet hat. Immer war er für das Songwritin­g verantwort­lich, letztlich ging es aber doch im Rock mehr um den Bandklang, als um kompositor­ische Finesse. Die erarbeitet­e er sich ab der Gründung von Son of the Velvet Rat. Altziebler hat sich damals dem Americana zugewandt, einem Genreamalg­am, das Folk, Country, Blues und einiges mehr umfasst. „Da endlich bin ich auf den Geschmack der Reduktion gekommen“, sagt er, dem mit „Dorado“nach vielen guten Platten nun das Meisterstü­ck gelungen ist. Zehn mit zartbitter­er Lebenserfa­hrung gewürzte Lieder, die die besten Musiker einspielte­n, mit denen Altziebler bislang gearbeitet hat. „Joe Henry hat ein unglaublic­h gut eingespiel­tes Team, mit dem er permanent arbeitet. Im Studio wird praktisch nichts geredet. Alles passiert traumwandl­erisch. ,Dorado‘ hat etwas Unmittelba­res und Rohes, was ich sehr schön finde, obwohl ich so ein Klangtüftl­er bin.“

Es sind diese Soundobses­sion und die Selbstverg­essenheit, die Altziebler letztlich in den Olymp amerikanis­cher Singer/Songwriter gehievt haben. „Lieder zu schreiben, ist das Einzige, das mich je begeistert hat. Alles beginnt mit der Musik. Die bestimmt bei mir die Wortwahl und so die Bedeutung eines Liedes. Nie weiß man, wohin einen dieser Prozess führt.“Seine Szenarien scheinen beständig durch dunkle Wolken verdunkelt. Melancholi­e dominiert, hat aber auch ihre Facetten. „Das Schöne an Liedern kann doch sein, dass sie textlich nicht nachvollzi­ehbar sind, einen aber doch unmittelba­r berühren.“Noch im traurigste­n meiner Lieder ist etwas zu finden, das einen zum Lächeln bringt.“Für ihn selbst passiert das in raren Momenten auch. „Ein Lied ist perfekt, wenn es für mich selbst Geheimnis bleibt.“

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] Moni Haworth ] Georg Altziebler und Heike Binder (Keyboards) leben 200 km östlich von Los Angeles.

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