Die Presse

Ein steiniger Weg zum Frieden

Kolumbien. Die Farc-Guerillero­s haben am Dienstag offiziell ihre letzten Waffen abgegeben. Doch der Friedenspr­ozess verläuft schleppend. Andere Milizen nehmen frühere Farc-Gebiete in Besitz.

- Von unserem Korrespond­enten ANDREAS FINK

Buenos Aires/Bogota.´ Es ist ein wichtiger Schritt auf Kolumbiens Weg zum Frieden: Zu Wochenbegi­nn haben UN-Soldaten den Entwaffnun­gsprozess der Fuerzas Armadas Revolucion­arias de Colombia (Farc) abgeschlos­sen. Seit Ende des Vorjahres haben mehr als 7000 Kämpfer ihre Pistolen, Gewehre und Granatwerf­er übergeben. Am Dienstag feierten der Staat und dessen einstige Feinde gemeinsam den Vollzug der Abrüstung im Ort Meseta, inmitten eines Gebietes, das jahrzehnte­lang von den Guerillero­s kontrollie­rt worden war.

Tatsächlic­h verbleibt noch eine Anzahl von Waffen offiziell bei den Farc. Aber dabei handelt es sich ausschließ­lich um solche, die „für die Aufrechter­haltung der Sicherheit“notwendig sind in den 26 Territorie­n, in denen sich die Kämpfer nach dem Friedenssc­hluss im November sammelten und die Staatsmach­t noch keinen Zugang hat.

Probleme und Verzögerun­gen

„Die Niederlegu­ng der Waffen bedeutet den Beginn eines neuen Kolumbiens, das auf dem Weg zum Frieden ist“, freute sich Präsident Juan Manuel Santos am Montag via Twitter. Er hatte lange nicht so gute Nachrichte­n zu verbreiten, denn der historisch­e Weg aus dem 52 Jahre langen Krieg, der mindestens 220.000 Menschen das Leben kostete und mehr als sieben Millionen von ihrem Land vertrieben hat, verläuft holprig.

Die Waffenabga­be hätte gemäß dem Abkommen, das Santos und Farc-Führer Rodrigo London˜o vorigen November unterzeich­net hatten, bereits Ende Mai abgeschlos­sen sein sollen. Aber der Termin verstrich, und als Mitte Juni erst 40 Prozent aller Waffen übergeben worden waren, wuchsen die Zweifel, ob die zwischen UNO, Kolumbien und den Farc vereinbart­e Verlängeru­ng von einem Monat ausreichen werde. Und das war bei weitem nicht die einzige Hiobsbotsc­haft für den Friedensno­belpreistr­äger während der letzte Monate.

Auch bei der Logistik des FarcRückzu­ges gibt es Probleme. Bei der Errichtung der Lager in den Sonderzone­n, wo die Guerillero­s den Übergang in das zivile Leben angehen sollen, liegt man hinter dem Zeitplan. Immer noch hausen viele abgerüstet­e Farc-Kämpfer in Zelten und unter Moskitonet­zen. „Die Hilfe der Regierung kommt nicht wie versproche­n“, klagte kürzlich Mart´ın Corena, Ex-Kommandant der Südfront der Guerilla.

Tatsächlic­h ist Kolumbiens Krieg gegen die linken Guerillero­s noch nicht beendet, denn immer noch ist das „Volksbefre­iungsheer“(Ejercito Nacional de Liberacion´ ELN) aktiv, vor allem in Landesteil­en, die für den Drogenhand­el eine wichtige Rolle spielen. Am Sonntag ließen die Rebellen nahe der venezolani­schen Grenze zwei niederländ­ische Journalist­en frei, die sie acht Tage zuvor entführt hatten. Dass das ELN noch immer Zivilisten entführt, macht die Friedensve­rhandlunge­n mit diesen Bewaffnete­n alles andere als einfach.

Neue Herrscher in den Zonen

Das ELN gehört vielerorts auch zu jenen Gruppen, die sich der früheren Farc-Zonen bemächtige­n, ehe der Staat die Kontrolle übernehmen kann. Vor allem entlang der unwegsamen Pazifik-Küste hat der Rückzug der Farc-Kämpfer, die in den oft nur über Flüsse erreichbar­en Siedlungen jahrzehnte­lang Ordnungsma­cht waren, chaotische Zustände ausgelöst. In den Departemen­ts Cauca und Narin˜o kämpfen ELN und Drogenband­en, die zumeist aus den 2004 abgerüstet­en Paramilitä­rs hervorging­en, um die Verteilung­swege für Kokain. Das Departemen­t Narin˜o ist der wichtigste Kokainprod­uzent des Landes. „Für uns hat der Krieg mit dem Friedenssc­hluss begonnen“, klagte ein Verwaltung­sbeamter des Städtchens Iscuande´ in der BBC.

In den nächsten Monaten sollen in den Wäldern etwa 900 FarcDepots geräumt werden, wo sich schwere Waffen und Munition befinden. Noch ist nicht klar, wer diesen Prozess überwachen soll, das UN-Mandat läuft aus. Präsident Santos will deshalb vor dem 10. Juli eine Verlängeru­ng beantragen.

Bis zum 1. August werden laut Friedensve­rtrag die Übergangsz­onen aufgelöst und unter volle staatliche Kontrolle gestellt. Aus Guerillero­s sollen Bauern und Handwerker werden, entspreche­nde Kurse sind am Laufen. Die Ex-Guerillafü­hrer sprechen bei diesen neuen Gemeinden schon von „Farc-Dörfern“– Wasser auf die Mühlen der Gegner des Friedenspr­ozesses, deren mächtiger Wortführer Ex-Präsident A´lvaro Uribe ist.

Sicher ist: Der Friedenspr­ozess und seine Widernisse werden eine Hauptrolle spielen im Wahlkampf um das Präsidente­namt, der in der zweiten Jahreshälf­te beginnt. Bis zum Wahltag im Februar braucht die Regierung weitere klare Erfolge.

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[ AFP ] Einen Monat später als ursprüngli­ch vorgesehen haben die Rebellen der Farc ihre Waffen an die Vereinten Nationen übergeben.

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