Ein steiniger Weg zum Frieden
Kolumbien. Die Farc-Guerilleros haben am Dienstag offiziell ihre letzten Waffen abgegeben. Doch der Friedensprozess verläuft schleppend. Andere Milizen nehmen frühere Farc-Gebiete in Besitz.
Buenos Aires/Bogota.´ Es ist ein wichtiger Schritt auf Kolumbiens Weg zum Frieden: Zu Wochenbeginn haben UN-Soldaten den Entwaffnungsprozess der Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia (Farc) abgeschlossen. Seit Ende des Vorjahres haben mehr als 7000 Kämpfer ihre Pistolen, Gewehre und Granatwerfer übergeben. Am Dienstag feierten der Staat und dessen einstige Feinde gemeinsam den Vollzug der Abrüstung im Ort Meseta, inmitten eines Gebietes, das jahrzehntelang von den Guerilleros kontrolliert worden war.
Tatsächlich verbleibt noch eine Anzahl von Waffen offiziell bei den Farc. Aber dabei handelt es sich ausschließlich um solche, die „für die Aufrechterhaltung der Sicherheit“notwendig sind in den 26 Territorien, in denen sich die Kämpfer nach dem Friedensschluss im November sammelten und die Staatsmacht noch keinen Zugang hat.
Probleme und Verzögerungen
„Die Niederlegung der Waffen bedeutet den Beginn eines neuen Kolumbiens, das auf dem Weg zum Frieden ist“, freute sich Präsident Juan Manuel Santos am Montag via Twitter. Er hatte lange nicht so gute Nachrichten zu verbreiten, denn der historische Weg aus dem 52 Jahre langen Krieg, der mindestens 220.000 Menschen das Leben kostete und mehr als sieben Millionen von ihrem Land vertrieben hat, verläuft holprig.
Die Waffenabgabe hätte gemäß dem Abkommen, das Santos und Farc-Führer Rodrigo London˜o vorigen November unterzeichnet hatten, bereits Ende Mai abgeschlossen sein sollen. Aber der Termin verstrich, und als Mitte Juni erst 40 Prozent aller Waffen übergeben worden waren, wuchsen die Zweifel, ob die zwischen UNO, Kolumbien und den Farc vereinbarte Verlängerung von einem Monat ausreichen werde. Und das war bei weitem nicht die einzige Hiobsbotschaft für den Friedensnobelpreisträger während der letzte Monate.
Auch bei der Logistik des FarcRückzuges gibt es Probleme. Bei der Errichtung der Lager in den Sonderzonen, wo die Guerilleros den Übergang in das zivile Leben angehen sollen, liegt man hinter dem Zeitplan. Immer noch hausen viele abgerüstete Farc-Kämpfer in Zelten und unter Moskitonetzen. „Die Hilfe der Regierung kommt nicht wie versprochen“, klagte kürzlich Mart´ın Corena, Ex-Kommandant der Südfront der Guerilla.
Tatsächlich ist Kolumbiens Krieg gegen die linken Guerilleros noch nicht beendet, denn immer noch ist das „Volksbefreiungsheer“(Ejercito Nacional de Liberacion´ ELN) aktiv, vor allem in Landesteilen, die für den Drogenhandel eine wichtige Rolle spielen. Am Sonntag ließen die Rebellen nahe der venezolanischen Grenze zwei niederländische Journalisten frei, die sie acht Tage zuvor entführt hatten. Dass das ELN noch immer Zivilisten entführt, macht die Friedensverhandlungen mit diesen Bewaffneten alles andere als einfach.
Neue Herrscher in den Zonen
Das ELN gehört vielerorts auch zu jenen Gruppen, die sich der früheren Farc-Zonen bemächtigen, ehe der Staat die Kontrolle übernehmen kann. Vor allem entlang der unwegsamen Pazifik-Küste hat der Rückzug der Farc-Kämpfer, die in den oft nur über Flüsse erreichbaren Siedlungen jahrzehntelang Ordnungsmacht waren, chaotische Zustände ausgelöst. In den Departements Cauca und Narin˜o kämpfen ELN und Drogenbanden, die zumeist aus den 2004 abgerüsteten Paramilitärs hervorgingen, um die Verteilungswege für Kokain. Das Departement Narin˜o ist der wichtigste Kokainproduzent des Landes. „Für uns hat der Krieg mit dem Friedensschluss begonnen“, klagte ein Verwaltungsbeamter des Städtchens Iscuande´ in der BBC.
In den nächsten Monaten sollen in den Wäldern etwa 900 FarcDepots geräumt werden, wo sich schwere Waffen und Munition befinden. Noch ist nicht klar, wer diesen Prozess überwachen soll, das UN-Mandat läuft aus. Präsident Santos will deshalb vor dem 10. Juli eine Verlängerung beantragen.
Bis zum 1. August werden laut Friedensvertrag die Übergangszonen aufgelöst und unter volle staatliche Kontrolle gestellt. Aus Guerilleros sollen Bauern und Handwerker werden, entsprechende Kurse sind am Laufen. Die Ex-Guerillaführer sprechen bei diesen neuen Gemeinden schon von „Farc-Dörfern“– Wasser auf die Mühlen der Gegner des Friedensprozesses, deren mächtiger Wortführer Ex-Präsident A´lvaro Uribe ist.
Sicher ist: Der Friedensprozess und seine Widernisse werden eine Hauptrolle spielen im Wahlkampf um das Präsidentenamt, der in der zweiten Jahreshälfte beginnt. Bis zum Wahltag im Februar braucht die Regierung weitere klare Erfolge.