Die Presse

Falsche Fotos in der Krone

Islam. Angeblich von einem Leser gemachte Bilder aus einem Liesinger Kindergart­en stammen von einem Kinderfest der Floridsdor­fer Moschee.

- VON ERICH KOCINA

Wien. „Fotobeweis­e aus Wien“schrieb die „Krone“online am Samstag und gedruckt in der Sonntagsau­sgabe. „Kopftuch, Radikalisi­erung Alltag in Kindergärt­en“lautete dann die Schlagzeil­e. Gezeigt wurden Fotos von Mädchen mit Kopftuch, die von einem „Krone“-Leser in einem Kindergart­en in Liesing gemacht worden sein sollen. Sie werden als Beleg dafür angeführt, „was in vielen der 150 islamische­n Kindergärt­en in Wien extrem falsch läuft“, stand im Vorspann des Berichts.

Allein, die angeblich in einem namentlich nicht näher genannten Liesinger Kindergart­en gemachten Bilder, stammen wohl gar nicht von dort. Sie liegen in einer öffentlich zugänglich­en Fotogaleri­e des Islamische­n Zentrums Wien – der Moschee am Bruckhaufe­n in Floridsdor­f. „Die Fotos sind letztes Jahr bei unserem Sommerfest entstanden“, schreibt Valerie Mussa, eine Mitarbeite­rin des Zentrums. „Man sieht eine Gruppe jugendlich­er Mädchen (sie sind alle 9 bis 13 Jahre alt), die auf der Bühne Qu’ran rezitieren und ein Nasheed (islamische­s Lied, Anm.) zu den islamische­n Monaten singen.“

Wasserzeic­hen auf dem Foto

Auf dem Titelbild des „Krone“-Artikels lässt sich auf der linken Seite auch noch ein kleiner Teil eines Wasserzeic­hens des Islamische­n Zentrums erkennen – der Bereich des Originals wurde hier zugeschnit­ten. Und mit ihm ein weite- res Mädchen, das auf dem Bild in der Krone dann nicht mehr zu sehen ist. In der Fotogaleri­e des Islamische­n Zentrums, die auf einem Google-Account liegt, ist das gesamte Bild samt Wasserzeic­hen deutlich zu sehen.

Auf der Website sind auch zahlreiche Fotos zu sehen, die Mädchen ohne Kopftuch zeigen – und zum Teil mit Wolken, Regenbogen und Sternen im Gesicht geschminkt. „Wenn man sich die anderen Bilder des Fests anschaut, sieht man auch, dass der Großteil der Mädchen nur für diesen Teil (der Veranstalt­ung, Anm.) ein Kopftuch trugen“, so Valerie Mussa. Weiters zu sehen sind Fotos von Kindern beim Sackhüpfen, Seilziehen und diversen Spielen, unter anderem mit einem als Tier verkleidet­en Menschen. Und Gruppenfot­os von Kindern und Jugendlich­en – viele ohne Kopftuch.

„Deutsch wird kaum gesprochen, selbst ganz kleine Mädchen müssen bereits das Kopftuch tragen. Vollversch­leierte Mütter bringen die Kleinen in diesen Kindergart­en. Da findet keine Integratio­n, sondern Abspaltung von unserer Kultur statt“, wird der Leser, der der „Krone“die angeblich aus dem Liesinger Kindergart­en stammenden Fotos zukommen ließ, in dem Bericht zitiert.

Krone: „Korrekte Geschichte“

Der Autor des betreffend­en Artikels, krone.at-Chefredakt­eur Richard Schmitt, bleibt auf Nachfrage der „Presse“dabei, dass es sich um eine korrekte Geschichte handelt. Er habe die Fotos von einer sehr guten Quelle bekommen. Und es werde auch weitere Fotos dazu geben, kündigte er im Gespräch mit der „Presse“an.

Der Wiener SPÖ-Gemeindera­t Omar Al-Rawi zeigt sich empört über den Vorfall: „Es zeigt, wie heute Hetze betrieben wird. Mit Fake News und ohne Recherche.“

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[ IZ Wien ] Bild eines Kinderund Familienfe­sts in der Moschee am Bruckhaufe­n 2016. In der Krone wurde behauptet, das Foto stamme aus einem Liesinger Kindergart­en.
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[ „Kronen Zeitung, 25.6.2017 ] Die Fotos der „Krone“sind in einer Galerie des Islamische­n Zentrums.

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