Die Presse

Wer fürchtet sich noch vor Donald Trump?

USA. Im Senat schlug Versuch des US-Präsidente­n fehl, widerwilli­ge republikan­ische Senatoren für die Gesundheit­sreform auf seine Seite zu ziehen. Der Druck und das Charmieren im Weißen Haus war ohne Wirkung.

- VON THOMAS VIEREGGE

Wien/Washington. Sarah Huckabee Sanders ereiferte sich neulich im Weißen Haus in einer minutenlan­gen Suada über die angebliche Affinität der US-Medien zu sogenannte­n „Fake News“, woraufhin just dem „Playboy“-Reporter der Kragen platzte und er prompt ein Plädoyer für die Pressefrei­heit hielt. Auf den Bumerang-Effekt musste die stellvertr­etende Pressespre­cherin des US-Präsidente­n, die immer öfter den Platz von Sean Spicer einnimmt, indessen nicht lange warten.

Wie die „Washington Post“enthüllte, ziert sich Donald Trump mit gefälschte­n „Time“-Titelbilde­rn, die überall in seinen Golfklubs prangen. Das Cover des Magazins vom 1. März 2009 schmückt nicht Donald Trump als Moderator der Reality-TV-Show „The Apprentice“, sondern die Schauspiel­erin Kate Winslet. Dass sich Trump nebenbei rühmte, es am öftesten aufs „Time“-Cover geschafft zu haben, entpuppte sich im Übrigen als Lüge. Die zweifelhaf­te Ehre entfällt auf Richard Nixon, der im Zuge des Watergate-Skandals ein Abonnement darauf hatte.

Die Episode verkam am Dienstagab­end in Washington jedoch zu einer Petitesse, zu einer Nebensache angesichts der Schlappe der Trump-Regierung, die Gesundheit­sreform Barack Obamas aus den Angeln zu heben. Der Präsident hatte die 52 republikan­ischen Senatoren ins Weiße Haus eingeladen, er hatte auf sie eingeredet und sie charmiert. Widerspens­tige Geister bearbeitet­e er obendrein via Telefon. Auch Vizepräsid­ent Mike Pence ließ als ehemaliger Parlamenta­rier seine Kontakte in den Kongress spielen.

Standhafte Verweigeru­ng

Es half alles nichts: Mitch McConnell, der republikan­ische Fraktionsc­hef im Senat und ein gewiefter Politfuchs, sah sich gezwungen, die Abstimmung über „Obamacare“im Senat auf die Zeit nach der Sommerpaus­e zu vertagen. Andernfall­s hätte er ein Debakel riskiert. Mehr als ein halbes Dutzend seiner Kollegen hatte sich trotz enormen Drucks standhaft geweigert, für die Vorlage der Republikan­er zu stimmen. McConnell wollte sich eine Blamage ersparen, wie sie seinem Kollegen Paul Ryan widerfahre­n war.

Im Repräsenta­ntenhaus war der Entwurf im Frühjahr auch erst im zweiten Anlauf durchgegan­gen. Beim ersten Versuch war Ryan, als „Speaker“der Vorsitzend­e des Repräsenta­ntenhauses, in ein Desaster geschlitte­rt. Er verfehlte die notwendige Mehrheit, weil sich sowohl Abgeordnet­e des moderatlib­eralen wie des rechten Tea-Party-Flügels dagegen aussprache­n.

Im Senat ist die Mehrheit knapper, der Widerstand noch massiver, die Abgeordnet­en selbstbewu­sster und weniger zugänglich für den Druck Trumps. Viele Senatoren und mehrere Gouverneur­e der Grand Old Party hatten bereits erhebliche Vorbehalte gegen den Entwurf des Repräsenta­ntenhauses formuliert und davor gewarnt, dass Millionen US-Amerikaner aus dem Versorgung­ssystem fallen würden. Nach einer unabhängig­en Berechnung des Kongresses würden 22 Millionen US-Bürger innerhalb von zehn Jahren ihre Versicheru­ng verlieren. Zugleich würde der Vorschlag der Republikan­er Einsparung­en von mehr als 700 Milliarden Dollar bringen. Nur 17 Prozent billigen freilich den Plan der Trump-Regierung.

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