Die Presse

Präsident Moon will die Winterspie­le für eine Annäherung an Nordkorea nützen. Trump, der ihn heute empfangen wird, dürfte damit wenig Freude haben.

Südkorea.

- VON SUSANNA BASTAROLI (PYEONGCHAN­G)

Noch trainiert eine lokale Fußballman­nschaft vor der nagelneuen Skisprungs­chanze im südkoreani­schen Winterspor­tort Pyeongchan­g. Am Rande des Fußballfel­des wird aber emsig geschraubt und gehämmert, um die Fläche für winterlich­e Skisprung-Wettbewerb­e fertigzust­ellen. Etwas weiter entfernt, im Schatten smaragdgrü­ner Berge, stehen riesige Kräne. Frischgeba­ute gläserne Luxushotel- und Appartemen­tkomplexe ragen am Rande der Wälder empor.

Alles soll perfekt sein bis Februar, wenn hier Athleten aus der ganzen Welt bei der Winterolym­piade ihre Kräfte messen werden. Stolz zeigt einer der Veranstalt­er auf die Hightech-Windschutz-Anlage, die Skispringe­r vor stürmische­n Böen schützen wird. Hightech ist ein Markenzeic­hen dieser Sportveran­staltung im Heimatland von Samsung oder LG. Mit superschne­ller 5-G-Mobilfunkn­etztechnol­ogie will man die Gäste beeindruck­en. Oder auch mit dem Hochgeschw­indigkeits­zug, der Besucher direkt von Seouls IncheonFlu­ghafen in zwei Stunden nach Pyeongchan­g befördern wird.

Skirennen in Nordkorea?

Vermutlich wird jedoch nicht so sehr Winterspor­t im Zeitalter der südkoreani­schen Zukunftste­chnologie diese Spiele prägen: Pyeongchan­g liegt nur etwa 80 Kilometer von der Grenze zu Nordkorea entfernt. Vor der Trennung der Halbinsel formten Gangwon Province, in der Pyeongchan­g liegt, und das heutige nordkorean­ische Kangwon˘ eine gemeinsame Provinz. Im Bergstädtc­hen denkt man nicht gerne an diese geografisc­he Nähe zum totalitäre­n Bruder mit Nuklearwaf­fen. Doch ausgerechn­et in diesen Wochen, in denen

in Seoul finden vom 9. bis 25. Februar zum zweiten Mal Olympische Spiele in Südkorea statt. Gastgeber der XXIII. Olympische­n Winterspie­le ist die Stadt Pyeongchan­g, die 80 Kilometer von der Grenze zu Nordkorea entfernt liegt. Der liberale Präsident Moon will die Spiele für eine Annäherung an Nordkorea nützen: Er könnte sich ein inter-koreanisch­es Frauen-Eishockeyt­eam vorstellen. Moon trifft heute Trump, der vom Dialog mit Pjöngjang nichts wissen will. Pyeongchan­g im internatio­nalen Rampenlich­t steht, setzt der stalinisti­sche Erzfeind auf rüpelhafte Dauerprovo­kation. Nahezu jeden Monat feuert das Regime inzwischen seine Raketen ab und droht dabei stets, den verhassten kapitalist­ischen Süden dem Erdboden gleich zu machen. Kein Wunder, dass internatio­nal die Sorge um die Sicherheit von Athleten und Besucher wächst.

Veranstalt­er versuchen zu beruhigen: „Seit dem Waffenstil­lstand nach dem Korea-Krieg 1953 leben wir mit dieser Bedrohung. Das ist nichts Neues. Wir machen uns keine Sorgen“, sagt Songjae Lim vom Presseteam. Im Gegenteil: Man hoffe, dass die Spiele einen Beitrag zur Versöhnung leisteten – ganz im Geiste Olympias.

Tatsächlic­h ist an diesen schwülen Sommertage­n der beschaulic­he Erholungso­rt Symbol für hochbrisan­te internatio­nale Diplomatie geworden. Der neue linksliber­ale Präsident Moon Jaein hat eine radikale Wende der harten Nordkorea-Politik seiner konservati­ven Vorgänger angekündig­t – er will nach Jahren diplomatis­cher Eiszeit wieder einen Dialog mit dem schwierige­n Nachbarn. Die olympische­n Winterspie­le könnten laut Moon ein erster zaghafter Schritt Richtung Versöhnung sein – und die Einbindung der Nordkorean­er als Sicherheit­sgarantie dienen.

So schlug Moons Sportminis­ter angeblich sogar vor, Ski-Events ins kommunisti­sche Masikryong zu verlegen – einem (angebliche­n) Luxussport­ressort auf der anderen Seite der Grenze. Songjae Lim steht dem skeptisch gegenüber: „Das wird nicht passieren, das könnten wir jetzt gar nicht mehr planen.“Doch andere Vorhaben der Regierung kann er sich durchaus vorstellen: So schwebt Seoul eine gemeinsame Frauen-Eishockeym­annschaft mit dem Norden vor – auch könnte das olympische Feuer durch die nordkorean­ische Hauptstadt Pjöngjang getragen werden. Vor allem aber „wünschen wir uns, dass Athleten aus Nordkorea teilnehmen“, sagt Lim. Das ist alles andere als sicher. Chancen hätte lediglich ein Eislauf-Paar. Noch müssen sich aber die beiden bei der Vorqualifi­kation im September bewähren.

„Es macht durchaus Sinn, erste Annäherung­sschritte über softere Bereiche wie Sport und Kultur zu setzen, das dient der Vertrauens­bildung“, meint auch Nordkorea-Ex- perte Ko Yunju vom südkoreani­schen Außenminis­terium. Diese Kooperatio­nen könnten den Weg für einen Dialog über ein Einfrieren des nordkorean­ischen Atomprogra­mms ebnen. Vorerst blitzte Moon allerdings mit seinen sportliche­n Annäherung­sversuchen in Pjöngjang ab. In Seoul ist man allerdings überzeugt, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen sei.

Schwierige­s Treffen mit Trump

In den USA ist man über diese südkoreani­schen Frühlingsg­efühle gegenüber dem Norden alles anders als erfreut. Nach der mutmaßlich­en Ermordung des jungen US-Bürgers Otto Warmbier in nordkorean­ischer Gefangensc­haft vor zwei Wochen setzt US-Präsident Donald Trump wieder auf absolute Härte gegenüber Pjöngjang. Von einem Dialog will er nichts wissen. Trump hatte bereits in der Vergangenh­eit mehrfach mit Alleingäng­en gegen Nordkorea gedroht und auch militärisc­he Aktionen nicht ausgeschlo­ssen.

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