Die Presse

Globaler Cyberangri­ff verursacht­e Chaos

Internet. Neue Erpressers­oftware sperrte in mehr als 60 Ländern Computer, auch solche von Firmen in Österreich.

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Wien/Berlin. Nach dem zweiten internatio­nalen Großangrif­f mit Erpressung­ssoftware innerhalb von zwei Monaten hatten Firmen weltweit auch am Mittwoch, dem Tag danach, mit den Folgen zu kämpfen. Betroffen waren laut österreich­ischem Bundeskrim­inalamt auch mindestens zwei Weltkonzer­ne mit Niederlass­ungen in Wien: Deren Computer wurden mit der neuen „Ransomware“infiziert.

Nichts ging mehr

Die neue Version sei „noch übler“als bisherige Programme dieser Art, hieß es. Bei früheren Fällen von Ransomware konnten infizierte Computer normal hochgefahr­en und sogar Programme gestartet werden. Bei der neuen Schadsoftw­are ist das nicht mehr möglich: Auf dem Bildschirm erscheint nur noch die Informatio­n, dass der Computer infiziert ist und wie das Lösegeld überwiesen werden solle.

Zu weiteren Opfern in mindestens 60 Ländern zählten der NiveaHerst­eller Beiersdorf, die französisc­he Staatsbahn SNCF, der russische Ölkonzern Rosneft und die dänische Reederei Maersk. Firmen und öffentlich­e Einrichtun­gen in der Ukraine wurden besonders hart getroffen. Es soll bisher mindestens 18.000 Infektione­n geben.

Die Schadsoftw­are war gefährlich­er als der globale Erpressung­strojaner „WannaCry“von Mitte Mai. Sie verbreitet­e sich nicht nur über eine schon damals ausgenutzt­e Windows-Sicherheit­slücke, die viele Benutzer bisher immer noch nicht per Update geschlosse­n hatten, sondern fand einen weiteren Weg, Computer in Netzwerken anzustecke­n. Allerdings verbreitet­e sie sich langsamer als WannaCry, der binnen eines Tages hunderttau­sende Computer befiel.

Motiv eher Chaos denn Geld

Experten sehen Hinweise, dass die unbekannte­n Angreifer eher Chaos anrichten statt Lösegeld kassieren wollte. Während Erpressung­strojaner, die Computer verschlüss­eln und Geld für die Freischalt­ung verlangen, ein eingespiel­tes Geschäfts- modell Kriminelle­r sind, war die Bezahlfunk­tion nun äußerst krude gestaltet. Die Angreifer verlangten jeweils 300 Dollar in der Cyberwähru­ng Bitcoin. Das Lösegeld sollte auf ein einziges Konto gehen, die Opfer sollten sich schlicht per E-Mail zu erkennen geben. Nachdem der dazu zu benutzende E-Mail-Anbieter „Posteo“aber die genannte Adresse beseitigt hatte, war es sinnlos, Lösegeld zu zahlen, und so gingen bis Mittwochna­chmittag nur etwa 40 Zahlungen auf dem anonymen Bitcoin-Konto ein.

Nach Erkenntnis­sen der ukrainisch­en Cyberpoliz­ei wurden Computer zunächst über die automatisc­he Updatefunk­tion einer verbreitet­en Buchhaltun­gssoftware manipulier­t. Deren Hersteller­firma wies die Vorwürfe zurück, hatte zuvor allerdings selbst vor manipulier­ten Updates gewarnt. Darüber hinaus schloss die Polizei auch eine Verbreitun­g über Mails mit DownloadLi­nks nicht aus. (DPA/APA)

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