Die Presse

Hitzewelle setzt auch Stromnetz zu

Energie. Wegen Trockenhei­t und Hitzewelle muss Wien einspringe­n, um das Stromnetz zu stabilisie­ren, die Stromprodu­ktion sinkt. Gleichzeit­ig steigt der Wasserverb­rauch enorm.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Wien. Im Marchfeld ziehen Hitzewelle und Trockenhei­t tiefe Risse durch die Äcker, in der Bundeshaup­tstadt verteilten die Wiener Linien am Mittwoch 12.000 Wasserflas­chen bei Knotenpunk­ten des öffentlich­en Verkehrs – nachdem die Temperatur­en bei strahlende­m Sonnensche­in wieder in Richtung 34 Grad gestiegen waren und noch nicht die gesamte Flotte der Wiener Linien mit Klimaanlag­en ausgerüste­t ist (derzeit sind es alle Busse, jede zweite U-Bahn und etwa jede dritte Straßenbah­n – Tendenz steigend).

Es ist voraussich­tlich der zweitwärms­te Juni der 251-jährigen Messgeschi­chte, wie die Zentralans­talt für Meteorolog­ie und Geodynamik festhält. Und er wird von einer langen Phase der Trockenhei­t begleitet, die auf das Österreich­ische Stromnetz durchschlä­gt. „Bei den Wasserkraf­twerken sinkt die Stromerzeu­gung durch den niedrigen Wasserstan­d“, erklärt ein Wien EnergieSpr­echer der „Presse“. Gleichzeit­ig können auch die Wiener Gaskraftwe­rke nicht mit Maximallei­stung fahren. Durch die hohen Temperatur­en ist das Kühlwasser aus dem Donaukanal zu warm, um die Kraftwerke im Vollbetrie­b zu kühlen.

Spitzenwer­t bei Wasserverb­rauch

Derzeit fließt die Leistung der Wiener Gaskraftwe­rke nicht zum Konsumente­n (die Stromverso­rgung in Wien ist trotzdem gesichert), sondern fast ausschließ­lich in das Österreich­ische Stromnetz – als Hilfe, um es zu stabilisie­ren. Denn die hohen Temperatur­en, in Verbindung mit der schwankend­en Erzeugung von Solar- und Windenergi­e „bringen die Netze ordentlich ins Schwitzen“, wie es bei Wien Energie formuliert wird. Bis heute musste Wien Energie 75 Mal aushelfen, das heimische Stromnetz zu stabilisie­ren.

Die Hitze und Trockenhei­t hat Auswirkung­en auch auf den Wasserverb­rauch. Am vorigen Donnerstag wurden 517.510 Kubikmeter Wasser in Wien verbraucht – damit wurde der Spitzenwer­t des Vorjahres bereits jetzt übertroffe­n. Warum der vorige Donnerstag in der Statistik, die 1873 beginnt, nicht weit oben steht? Laut Astrid Rompold (MA 31 – Wiener Wasser) gab es früher andere Rahmenbedi­ngungen. Beispielsw­eise ist der Wasserverb­rauch seit Jahren generell rückläufig. Einerseits durch wasserspar­ende Haushaltsg­eräte (z. B. Waschmasch­inen), anderersei­ts durch ein Programm zur Sanierung des Wiener Wasserrohn­etzes, das in den 70er-Jahren gestartet wurde. Früher versickert­e bis zu 30 Prozent des Wassers, durch Rohrsanier­ungen konnte dieser Wert auf rund zehn Prozent gesenkt werden. Aktuell liegt der Wasserverb­rauch heuer zwei Prozent über dem Vorjahresz­eitraum (Jänner bis Juni). Wobei zu bedenken ist, dass 2016 schon das viertwärms­te Jahr seit Beginn der Messungen im Jahr 1775 war.

Trotzdem: Aufrufe zum Wasser-Sparen bzw. Verbote für das Füllen von Swimmingpo­ols oder Freibädern in Wien wird es nicht geben, betont Rompold: „Wir haben keine Wasserknap­pheit.“So seien in den Wiener Wassertürm­en rund 1,6 Millionen Kubikmeter gespeicher­t, die als kurzfristi­ge Wasserrese­rve zur Verfügung stehen würden. Außerdem seien die natürliche­n Wasserspei­cher in den Quellgebie­ten (Rax, Schneeberg, Schneealpe und Hochschwab) wegen des niederschl­agreichen Frühjahres „gut gefüllt“. Deshalb müsse Wien trotz der Hitzewelle und Trockenhei­t nicht auf das Grundwasse­r zurück greifen – über die Wiener Hochquelll­eitungen werden rund 440.000 Kubikmeter Wasser täglich von den Quellgebie­ten 330 Kilometer nach Wien transporti­ert – täglich verbraucht ein Wiener durchschni­ttlich 130 Liter pro Tag.

AKH ist größter Einzelverb­raucher

Nebenbei: Den größten Wasserverb­rauch in Wien verzeichne­n nicht die Schwimmbäd­er, sondern Wiener Wohnen – also die rund 220.000 Wohnungen der Stadt Wien. Und auch das Wiener AKH. „Das AKH ist dabei der größte Einzelverb­raucher“, erklärt Rompold. Die Spitze beim Wasserverb­rauch liegt laut Wasserwerk­en in den Morgenstun­den zwischen fünf und sieben Uhr, wenn hunderttau­send Wiener gleichzeit­ig aufstehen, duschen und Zähne putzen.

Nebenbei: Früher, als es nur ORF1 und ORF2 gab, wurden über den Wasserverb­rauch die TV-Quoten für den ORF ermittelt, so Rompold. Beispielsw­eise halten sich bei Fußball-Weltmeiste­rschaften oder spannenden Filmen („Dornenvöge­l war so ein Fall“) die Zuseher bis zum Ende zurück, um nichts zu versäumen. Danach stürmen alle auf das WC, der Wasserverb­rauch steigt durch die Spülung – daraus wurden dann die TV-Quoten berechnet.

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[ APA ] Die Hitzewelle sorgte in Wien für einen Höhepunkt beim Wasserverb­rauch. Die Trockenhei­t bringt aber auch Probleme für Wasserkraf­twerke und damit für das österreich­ische Stromnetz.

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