Hitzewelle setzt auch Stromnetz zu
Energie. Wegen Trockenheit und Hitzewelle muss Wien einspringen, um das Stromnetz zu stabilisieren, die Stromproduktion sinkt. Gleichzeitig steigt der Wasserverbrauch enorm.
Wien. Im Marchfeld ziehen Hitzewelle und Trockenheit tiefe Risse durch die Äcker, in der Bundeshauptstadt verteilten die Wiener Linien am Mittwoch 12.000 Wasserflaschen bei Knotenpunkten des öffentlichen Verkehrs – nachdem die Temperaturen bei strahlendem Sonnenschein wieder in Richtung 34 Grad gestiegen waren und noch nicht die gesamte Flotte der Wiener Linien mit Klimaanlagen ausgerüstet ist (derzeit sind es alle Busse, jede zweite U-Bahn und etwa jede dritte Straßenbahn – Tendenz steigend).
Es ist voraussichtlich der zweitwärmste Juni der 251-jährigen Messgeschichte, wie die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik festhält. Und er wird von einer langen Phase der Trockenheit begleitet, die auf das Österreichische Stromnetz durchschlägt. „Bei den Wasserkraftwerken sinkt die Stromerzeugung durch den niedrigen Wasserstand“, erklärt ein Wien EnergieSprecher der „Presse“. Gleichzeitig können auch die Wiener Gaskraftwerke nicht mit Maximalleistung fahren. Durch die hohen Temperaturen ist das Kühlwasser aus dem Donaukanal zu warm, um die Kraftwerke im Vollbetrieb zu kühlen.
Spitzenwert bei Wasserverbrauch
Derzeit fließt die Leistung der Wiener Gaskraftwerke nicht zum Konsumenten (die Stromversorgung in Wien ist trotzdem gesichert), sondern fast ausschließlich in das Österreichische Stromnetz – als Hilfe, um es zu stabilisieren. Denn die hohen Temperaturen, in Verbindung mit der schwankenden Erzeugung von Solar- und Windenergie „bringen die Netze ordentlich ins Schwitzen“, wie es bei Wien Energie formuliert wird. Bis heute musste Wien Energie 75 Mal aushelfen, das heimische Stromnetz zu stabilisieren.
Die Hitze und Trockenheit hat Auswirkungen auch auf den Wasserverbrauch. Am vorigen Donnerstag wurden 517.510 Kubikmeter Wasser in Wien verbraucht – damit wurde der Spitzenwert des Vorjahres bereits jetzt übertroffen. Warum der vorige Donnerstag in der Statistik, die 1873 beginnt, nicht weit oben steht? Laut Astrid Rompold (MA 31 – Wiener Wasser) gab es früher andere Rahmenbedingungen. Beispielsweise ist der Wasserverbrauch seit Jahren generell rückläufig. Einerseits durch wassersparende Haushaltsgeräte (z. B. Waschmaschinen), andererseits durch ein Programm zur Sanierung des Wiener Wasserrohnetzes, das in den 70er-Jahren gestartet wurde. Früher versickerte bis zu 30 Prozent des Wassers, durch Rohrsanierungen konnte dieser Wert auf rund zehn Prozent gesenkt werden. Aktuell liegt der Wasserverbrauch heuer zwei Prozent über dem Vorjahreszeitraum (Jänner bis Juni). Wobei zu bedenken ist, dass 2016 schon das viertwärmste Jahr seit Beginn der Messungen im Jahr 1775 war.
Trotzdem: Aufrufe zum Wasser-Sparen bzw. Verbote für das Füllen von Swimmingpools oder Freibädern in Wien wird es nicht geben, betont Rompold: „Wir haben keine Wasserknappheit.“So seien in den Wiener Wassertürmen rund 1,6 Millionen Kubikmeter gespeichert, die als kurzfristige Wasserreserve zur Verfügung stehen würden. Außerdem seien die natürlichen Wasserspeicher in den Quellgebieten (Rax, Schneeberg, Schneealpe und Hochschwab) wegen des niederschlagreichen Frühjahres „gut gefüllt“. Deshalb müsse Wien trotz der Hitzewelle und Trockenheit nicht auf das Grundwasser zurück greifen – über die Wiener Hochquellleitungen werden rund 440.000 Kubikmeter Wasser täglich von den Quellgebieten 330 Kilometer nach Wien transportiert – täglich verbraucht ein Wiener durchschnittlich 130 Liter pro Tag.
AKH ist größter Einzelverbraucher
Nebenbei: Den größten Wasserverbrauch in Wien verzeichnen nicht die Schwimmbäder, sondern Wiener Wohnen – also die rund 220.000 Wohnungen der Stadt Wien. Und auch das Wiener AKH. „Das AKH ist dabei der größte Einzelverbraucher“, erklärt Rompold. Die Spitze beim Wasserverbrauch liegt laut Wasserwerken in den Morgenstunden zwischen fünf und sieben Uhr, wenn hunderttausend Wiener gleichzeitig aufstehen, duschen und Zähne putzen.
Nebenbei: Früher, als es nur ORF1 und ORF2 gab, wurden über den Wasserverbrauch die TV-Quoten für den ORF ermittelt, so Rompold. Beispielsweise halten sich bei Fußball-Weltmeisterschaften oder spannenden Filmen („Dornenvögel war so ein Fall“) die Zuseher bis zum Ende zurück, um nichts zu versäumen. Danach stürmen alle auf das WC, der Wasserverbrauch steigt durch die Spülung – daraus wurden dann die TV-Quoten berechnet.