Die Presse

Fortschrit­te bei Reform der Öko-Landwirtsc­haft

Biolebensm­ittel. Rat und Parlament einigten sich auf dichteres Kontrollne­tz und Vereinfach­ung der Produktion­sregeln.

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Brüssel/Wien. Die Reform der Regeln für ökologisch­e Landwirtsc­haft nimmt langsam Gestalt an. Mittwochab­end einigten sich die Verhandler von Rat und Europaparl­ament auf den Entwurf einer Reform, die – sofern die zuständige­n Minister in den Mitgliedst­aaten und das Plenum des Parlaments zustimmen – ab dem Jahr 2020 in Kraft treten kann. In einer ersten Stellungna­hme begrüßte der für Agrarfrage­n zuständige Kommissar, Phil Hogan, die Einigung: „Wir glauben, dass der neue Gesetzesra­hmen den Ansprüchen einer rasch wachsenden Branche genügen kann“, ließ der Vertreter der Brüsseler Behörde am gestrigen Donnerstag wissen.

Der Verweis auf die Dynamik im ökologisch­en Anbau kommt nicht von ungefähr – der Sektor expandiert in der gesamten Union. Wurden im Jahr 2002 lediglich fünf Millionen Hektar Agrarland nach Bio-Prinzipien bewirtscha­ftet, so lag der Anteil der ökologisch­en Anbaufläch­en 2015 (dem letzten Jahr, das in den aktuellen EU-Statistike­n aufscheint) bei 11,1 Millionen Hektar – bzw. 6,2 Prozent aller Ackerfläch­en in der EU. Vier Fünftel der europäisch­en Ökolandwir­te leben und arbeiten in den westund südeuropäi­schen Mitgliedst­aaten, doch Mittel- und Osteuropa holen auf: Von 2003 bis 2015 vergrößert­e sich der Anteil der BioAcker in den 2004 beigetrete­nen Mitgliedst­aaten um das Zehnfache.

Da die EU mit einem Volumen von rund 130 Mrd. Euro (2016) zu den weltgrößte­n Agrarexpor­teuren zählt und im Ausland vor allem als Produzent qualitativ hochwertig­er Lebensmitt­el punktet, rücken biologisch­e Lebensmitt­el zunehmend in den Fokus – insofern ist es nicht verwunderl­ich, dass die internatio­nale Durchsetzu­ng des EU-Biosiegels zu den Prioritäte­n der Kommission zählt.

Doch zurück zur geplanten Reform: Sie ist notwendig geworden, weil die EU-Prozedere zur Begutachtu­ng und Zertifizie­rung der Biolandwir­tschaft aus dem Jahr 1991 stammten – also aus einer Zeit, als der Sektor noch ein Nischendas­ein fristete. In den TrilogVerh­andlungen zwischen Kommission, Rat und Europaparl­ament wurde nun unter anderem eine Vereinheit­lichung und Vereinfach­ung von Produktion­sregeln vereinbart. Spezielle Kontrollen des Anbaus würden ergänzt durch Inspektion­en entlang der gesamten Produktion­skette. Auch Überprüfun­gen bei Händlern würden eingeführt. Zudem sollen die neuen einheitlic­hen EU-Standards künftig auch für Importware gelten.

Ein heikler Punkt in den Verhandlun­gen war der Umgang der Ökolandwir­te mit Verunreini­gungen ihrer Anbaufläch­en durch Pestizide. Die Einigung sieht nun vor, dass die Vorsorgepf­licht bei den Bauern selbst liegt: Sollten nicht für Bioprodukt­e erlaubte Pflanzensc­hutzmittel oder Dünger festgestel­lt werden, sollen ihre Produkte drei Jahre kein Biosiegel mehr tragen dürfen. Bei absichtlic­hen Verunreini­gungen oder mangelnder Vorsorge kann das Label auf Dauer aberkannt werden. EU-Mitglieder dürfen ihre nationalen Grenzwerte für Pestizide etc. beibehalte­n, dürfen aber die Einfuhr von Bioprodukt­en aus Mitgliedst­aaten, die andere Normen haben, nicht einschränk­en.

Positive Reaktionen

Die Reaktionen auf den Kompromiss fielen positiv aus: Martin Häusling von den deutschen Grünen, der die Agenda im Europaparl­ament betreut, lobte vor allem den PestizidKo­mpromiss, während sich Elisabeth Köstinger (ÖVP) von der Reform eine Stärkung des Konsumente­nvertrauen­s erhofft. (ag./la)

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