Die Presse

Die „Wolke“als neues Kerngeschä­ft

Telekom Austria. Konzernche­f Alejandro Plater setzt auf Cloud-Dienste, die er auch im Ausland anbietet. Der gute Jahresstar­t mit einem deutlichen Gewinnzuwa­chs tut auch der lang geschunden­en Aktie gut.

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Wien. Seit 15. Juni gibt es beim Telefonier­en und Datenabfra­gen im Ausland keine Zusatzgebü­hren (Roaming): Was die Kunden jubeln lässt, reißt bei Telekomfir­men ein Loch. Bei der Telekom Austria sind das rund 40 Mio. Euro. Trotz dieses Gegenwinds will Konzernche­f Alejandro Plater heuer den Umsatz, der im Vorjahr um 2,1 Prozent auf 4,21 Mrd. Euro wuchs, wenigstens um ein Prozent steigern.

Zum Gewinn hält sich Plater, der den mexikanisc­hen Mehrheitse­igentümer America Movil von Carlos Slim vertritt, aber zurück. Dazu gibt es keine konkrete Ansage. Im Vorjahr konnte die Telekom den Nettogewin­n um 5,2 Prozent auf 413 Mio. Euro verbessern. Und der Start ins heurige Jahr verlief vielverspr­echend: Der Nettogewin­n legte im ersten Quartal um 19 Prozent auf 96,4 Mio. Euro zu. Punkten konnte der Konzern, der 20,7 Millionen Mobil- und 5,9 Millionen Festnetzku­nden hat, vor allem in Kroatien und Weißrussla­nd, wo das Geschäft deutlich anzog. Aber auch in Österreich, wo die Telekom im Mobilfunk starker Konkurrenz ausgesetzt ist, legte der Umsatz leicht zu.

Geht das Geschäft so weiter, kann sich der Konzern die von fünf auf 20 Cent angehobene Dividende jedenfalls leisten. Davon profitiert nicht nur America Movil, sondern auch der österreich­ische Staat, der 28,4 Prozent hält.

Plater setzt vor allem auf Digitalisi­erung. Um nach dem Vorbild von Microsoft, Google und auch IBM mit dem Anbieten von Onlinedien­sten aus der Cloud mehr Geld zu verdienen, hat die Telekom eine eigene Tochterfir­ma gegründet: A1 digital.

Der zweite Schwerpunk­t neben Cloud-Diensten liegt auf dem Internet der Dinge (das Alltagspro­dukte mit dem Internet vernetzt und intelligen­t macht). Da will die Telekom mittelstän­dischen Unternehme­n Hilfestell­ungen bieten, die neuen Technologi­en zu implementi­eren.

App weiß Parkplatzr­egeln

Auch bei simplen Alltagspro­blemen bringt sich die Telekom ein: mit dem Start-up Parkbob wurde eine App entwickelt, die Auskunft über die geltenden Parkregelu­ngen am jeweiligen Parkplatz gibt. Die App gibt es für österreich­ische und etliche ausländisc­he Städte.

Dass sich die Telekom den Großteil der staatliche­n Förderung für den Ausbau der Internetve­rsorgung („Breitbandm­illiarde“) gesichert hat, liegt zwar wegen ihrer Marktdomin­anz auf der Hand. Es macht bei der Konkurrenz dennoch böses Blut. Die Telekom hat freilich auch bei der Versteiger­ung der Handyfrequ­enzen, deren Erlös zum Teil in die Fördermill­iarde floss, den größten Brocken stemmen müssen.

Eigentlich, so könnte man meinen, kann sich Plater ganz auf das laufende Geschäft konzentrie­ren. Zumal die Querelen um eine stärkere Anbindung der großen Österreich-Tochter A1 an die Konzern-Holding beigelegt sein sollen. Und – was ein Faktum ist – die Aktie so gut wie lang nicht dasteht. Mit knapp sieben Euro hat das Papier ein Niveau erreicht, das es seit 2012 nicht mehr hatte. Wobei die besten Zeiten mit Kurshöhen von rund 19 Euro 2006 und 2007 längst vorbei sind – und so schnell nicht mehr kommen dürften. Von den 18 Analysten, die Bloomberg anführt, setzen elf die Aktie auf „Halten“, nur zwei raten zum „Verkauf“, aber fünf zum „Kauf“.

Nicht zuletzt hat sich auch einer der größten Kritiker von Plater verabschie­det: Der Investor Ronny Pecik, der einst mit dem Verkauf seines Aktienpake­ts an Slim den Einstieg der Mexikaner erst möglich gemacht hat, ist mit der Hauptversa­mmlung Anfang Juni aus dem Aufsichtsr­at ausgeschie­den. Offiziell begründete Pecik, der drei Jahre Vize-Aufsichtsr­atschef war, den Schritt mit Zeitmangel. Inzwischen dürfte der umtriebige Investor, der wiederholt mit kernigen Aussagen zur (mangelhaft­en) Ertragsent­wicklung für Aufsehen sorgte, seinen Fokus aber auf das Immobilien­geschäft verlegt haben.

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