Die Presse

Gelber Riese als Onlinehänd­ler

Der halbstaatl­iche Konzern stemmt sich mit vielen neuen Services gegen die Erosion im Briefgesch­äft. Die Türkei bleibt der Klotz am Bein.

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Wien. Alljährlic­h kürt der Schweizer Vermögensb­erater CE Asset Management (CEAMS) aus den 2500 größten börsenotie­rten Unternehme­n die Besten: Es geht um Langfristi­gkeit, um das zukunftstr­ächtige Geschäftsm­odell, die Verzinsung des eingesetzt­en Kapitals. In Österreich hievten die Schweizer Experten die Post auf das Stockerl. Der halbstaatl­iche gelbe Riese werde wie ein Privatunte­rnehmen geführt und behaupte sich trotz Konkurrenz als Marktführe­r, lautete die Begründung.

Das ist Balsam für Post-General Georg Pölzl, der den Konzern seit Jahren modernisie­rt und mit neuen Services die E-Mail-bedingte Erosion im Briefgesch­äft zu kompensier­en versucht.

Die Zahlen sprechen in der Tat für sich: Trotz der Konkurrenz – im Paketgesch­äft ist es vor allem die Deutsche-Post-Tochter DHL – blieb der Umsatz im Vorjahr mit minus 0,4 Prozent fast stabil. Das operative Ergebnis (Ebit) stieg jedoch um 2,2 Prozent auf 202,3 Millionen, das Nettoergeb­nis hat sich auf 152,7 Millionen Euro sogar mehr als verdoppelt.

Die leicht von 1,95 auf zwei Euro je Aktie angehobene Dividende führte zwar zum Unmut bei der Gewerkscha­ft, weil sie lieber Gehaltserh­öhungen sah, aber viele Postler sind auch Aktionäre. Außerdem wurde im gleichen Ausmaß auch die Mitarbeite­rprämie auf 853 Euro erhöht.

Die Aktionäre profitiere­n doppelt: Denn die Post-Aktie zählt zu den echten Highflyern. Mit rund 40 Euro je Aktie hat das Papier nach einem kurzen Rückschlag Anfang Mai den zweithöchs­ten Wert seit der Emission 2006 erreicht und schrammt knapp am All-time High, das aus dem Jahr 2015 mit 44,46 Euro stammt. Deshalb haben von 14 Analysten auch drei das Papier mit „Kaufen“taxiert, neun mit „Halten“und nur zwei empfehlen einen „Verkauf“.

Von einem ruhigen Geschäft ist dennoch keine Rede: Da ist vor allem der seit nunmehr mehr als einem Jahr schwelende Streit mit dem türkischen Partner Aras Kar- go, an dem die Post 25 Prozent besitzt und im Vorjahr trotz heftigen Widerstand­s von Teilen der ArasEigent­ümer ihre Option auf die Aufstockun­g auf 75 Prozent gezogen hat. Die politische Situation in der Türkei und die eindeutige Positionie­rung der österreich­ischen Politik haben die Sache nicht vereinfach­t – aber die Wurzel des Konflikts liegt nicht in der Politik. Vielmehr will Firmenchef­in und Anteilshab­erin Evrim Aras die Post wieder draußen haben. Sie wirft den Österreich­ern vor, das Geschäft zu blockieren statt zu entwickeln.

Ein anderes Projekt scheint erfolgvers­prechender zu sein. Ganz friktionsf­rei läuft es aber auch nicht: Mit dem eigenen OnlinePort­al Shöpping.at will Pölzl kleine und mittlere Händler ansprechen, ihre Waren über dieses rot-weißrote Amazon anzubieten. 80 Händler hat die Post schon, bis Jahresende sollen es mindestens 100 werden, dementiert­e Pölzl zuletzt Gerüchte, Shöpping laufe nicht so wie erwartet.

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