Die Presse

Verbund sucht nach dem Geschäft der Zukunft

Strom. Der teilstaatl­iche Verbund verdient gut an den Stromliefe­rungen zur Stabilisie­rung der deutschen Netze. Reiner Stromerzeu­ger will der Konzern aber nicht mehr sein und sucht sein Heil in E-Autos und Stromspeic­hern.

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Wien. Die etwas außer Kontrolle geratene Energiewen­de in Deutschlan­d lässt den heimischen Stromverso­rger Verbund wieder optimistis­cher in die Zukunft blicken. Während die niedrigen Großhandel­spreise und die schwache Wasserführ­ung in den Flüssen weiter auf das Ergebnis drücken, verdient das Unternehme­n zusehends besser mit dem sogenannte­n Engpassman­agement. Der massive Ausbau der Windkrafta­nlagen in Norddeutsc­hland sorgt für eine stark schwankend­e Stromerzeu­gung im Nachbarlan­d. Um diese Schwankung­en auszugleic­hen und die Stromnetze zu stabilisie­ren, buchen die deutschen Netzbetrei­ber stabile Kapazitäte­n beim heimischen Versorger.

In den sehr kalten ersten drei Monaten des Jahres lief dieses Geschäft so gut, dass der VerbundKon­zern kurz darauf sogar seinen Ausblick auf das gesamte Geschäftsj­ahr nach oben revidieren musste: Für das laufende Geschäftsj­ahr erwartet der Vorstand nun Zusatzeinn­ahmen von 145 Millionen Euro durch die Ausbalanci­erung der Stromnetze. Bisher war das Unternehme­n lediglich von 110 Millionen Euro ausgegange­n. Das Konzernerg­ebnis sieht das Unternehme­n 2017 nun bei rund 300 Millionen Euro nach bisher rund 280 Millionen Euro.

Trennung der Strompreis­zone

Negativ auf die Geschäfte mit dem deutschen Nachbarn könnte sich in Zukunft jedoch der künstliche Stromengpa­ss an der deutsch-ös- terreichis­chen Grenze auswirken, auf den sich die Energiereg­ulatoren der beiden EU-Staaten geeinigt haben. Zur Erinnerung: Da es innerhalb Deutschlan­ds an ausreichen­den Leitungska­pazitäten fehlt, nimmt der Windstrom aus Norddeutsc­hland auf seinem Weg nach Österreich regelmäßig den Umweg über das polnische und tschechisc­he Netz. Das wiederum setzt die osteuropäi­schen Stromnetze stark unter Druck, weshalb Polen und Tschechien massiv für die Einführung einer künstliche­n Grenze zwischen Deutschlan­d und Österreich eingetrete­n sind.

Und obwohl sich die Österreich­er lange Zeit gewehrt haben, soll mit Anfang Oktober 2018 nun der Stromhande­l zwischen Deutschlan­d und Österreich begrenzt werden. Die Obergrenze bei langfristi­gen Verträgen wird bei etwa 4900 Megawatt liegen. Das entspricht ungefähr der Hälfte des heimischen Spitzenver­brauchs. Ursprüngli­ch war eine noch niedrigere Obergrenze vorgesehen. Dennoch ist der erreichte Kompromiss „keine gute Lösung“, kritisiert Wolfgang Anzengrube­r. Obwohl sich die EU vorgenomme­n habe, einen gemeinsame­n EU-Binnenmark­t zu schaffen, werde der Markt im Stromberei­ch immer kleinteili­ger und teurer.

Wasserkraf­t und E-Autos

Über Wohl und Wehe des Verbund-Konzerns wird die Trennung der gemeinsame­n Strompreis­zone jedoch nicht entscheide­n. Das Ergebnis des Wasserkraf­tkonzerns hängt vielmehr davon ab, wie viel Wasser in den großen Flüssen Österreich­s und Deutschlan­ds fließt. Im ersten Quartal lag die Wasserführ­ung etwa acht Prozent unter dem Niveau des Vorjahresq­uartals. Der Verbund konnte also weniger Wasserstro­m erzeugen. In Summe stieg die Eigenerzeu­gung jedoch leicht an, da mehr Strom in Windkrafta­nlagen und thermische­n Kraftwerke­n produziert wurde.

Seine Zukunft sucht der Verbund-Konzern derzeit ohnedies weniger in der Stromerzeu­gung, als vielmehr in der Entwicklun­g neuer Energiedie­nstleistun­gen. So setzt das Unternehme­n etwa gemeinsam mit Kooperatio­nspartner Tesla auf Hausbatter­ien für Privatkund­en, die ihren eigenen Strom erzeugen und nutzen wollen. Auch die Elektromob­ilität hat der Verbund bereits vor einigen Jahren als zukunftstr­ächtige Branche für sich entdeckt. Die Verbund-Tochter Smatrics ist heute der größte Anbieter von Stromtanks­tellen in Österreich. Erst im Frühjahr ist auch die OMV als neuer Partner eingestieg­en.

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