Die Presse

Rekord auf deutschem Arbeitsmar­kt

Konjunktur. Deutschlan­d zählt so wenige Arbeitslos­e wie seit 1991 nicht mehr. Ökonomen warnen aber: Bundesweit fehlten Fachkräfte in Pflege, IT und Handwerk.

-

Berlin. Die Zahl der deutschen Arbeitslos­en erreichte diesen Juni mit 2,5 Millionen das Rekordtief von 1991. Zugleich hatten im Mai rund 44,1 Millionen Menschen einen Job – so viele wie seit der Wiedervere­inigung noch nie, erklärte die Bundesagen­tur für Arbeit (BA) am Freitag.

Die deutsche Arbeitsmin­isterin, Andrea Nahles, sieht den Jobmarkt in bester Verfassung. Im Vergleich zu 2013 verzeichne Deutschlan­d 2,5 Millionen mehr sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­te. „Seit 2005 konnte die Arbeitslos­igkeit nahezu halbiert werden“, unterstric­h die Ministerin. „Die Wahrschein­lichkeit, die Arbeit zu verlieren, ist so gering wie lange nicht“, sagte Nahles. „Dagegen sind die Möglichkei­ten, eine Arbeit zu finden, so gut wie selten zuvor.“Damit dies künftig so bleibe, müssten mehr Menschen weitergebi­ldet und qualifizie­rt werden.

Die anziehende Konjunktur sorge für Rückenwind, sagte BAChef Detlef Scheele. „Die Beschäf- tigung und die Nachfrage der Betriebe nach neuen Mitarbeite­rn haben erneut kräftig zugelegt.“Die Arbeitslos­enquote verringert­e sich um 0,1 Prozentpun­kte auf 5,5 Prozent. Die Zahl der Arbeitslos­en ging binnen Jahresfris­t um 142.000 zurück. Das Minus zum Vormonat fiel zwar mit 25.000 nur halb so stark aus wie in den vergangene­n Jahren. „Das ist aber keine Trendwende“, betonte Scheele und sprach von einer „ausgesproc­hen positiven Entwicklun­g“. Die gesamte Frühjahrsb­elebung sei deutlich besser ausgefalle­n als in der Vergangenh­eit.

Firmen in bester Laune

Klammert man jahreszeit­liche Schwankung­en aus, kletterte die Zahl der Arbeitslos­en überrasche­nd um 7000. Nach dieser Rechnung war es der erste Anstieg seit März 2016. Volkswirte hingegen hatten mit einem Minus von 10.000 gerechnet. Zuletzt erreichte die Stimmung der Firmen in Deutschlan­d laut Ifo-Institut einen neuen Höchstwert. Dank der guten Konjunktur stellen die Unternehme­n auch deutlich mehr ein und sorgen für immer neue Beschäftig­ungsrekord­e. So stieg im Mai die Zahl der Erwerbstät­igen mit Wohnort in Deutschlan­d binnen Jahresfris­t um 651.000 auf 44,1 Millionen.

KFW-Chefökonom Jörg Zeuner sprach von einem großen Erfolg, der jedoch eine Kehrseite habe. „Nahezu bundesweit herrscht ein Mangel an Fachkräfte­n in Engpassber­ufen.“Dazu zählten Pflegekräf­te, Ärzte, Bauhandwer­ker und IT-Experten. Zeuner plädierte für „knappheits­gerechte Steigerung­en von Löhnen und Gehältern“und für mehr Qualifizie­rung und Weiterbild­ung vor allem von Arbeitslos­en und Geringqual­ifizierten.

Deutschlan­dweit sei die Arbeitslos­enquote für Ungelernte mit 20 Prozent fast fünfmal so hoch wie jene von Menschen mit Berufsausb­ildung, sagte BA-Chef Scheele. Je nach Region gebe es bei den Ungelernte­n sogar eine Spanne zwischen 7,1 bis 55,6 Prozent. (APA/Reuters)

Newspapers in German

Newspapers from Austria