Die Gene geben vor, wie oft der Käfer sich vermehrt
Forstschutz. Der Buchdrucker schädigt Fichtenbestände. Forscher der Boku untersuchen nun das Genom des Käfers. Das soll genauere Vorhersagen zum Schädlingsbefall, der mit steigenden Temperaturen zunehmen wird, bringen.
Der Buchdrucker ist der wichtigste Fichtenschädling in Europa, die Käfer profitieren vom warmen Wetter dieser Tage. Vor allem Larven, aber auch adulte Käfer fressen unter der Rinde umgefallener und geschwächter Bäume. Bei Massenauftreten greifen sie auch anscheinend gesunde Bäume an. Forstwirte beobachten die Entwicklung dieses Borkenkäfers genau: Fangstationen im ganzen Land geben Auskunft, wo die Tiere fliegen und wo ein gehäuftes Auftreten zu erwarten ist. Zudem helfen mathematische Modelle bei Vorhersagen zu ihrer Entwicklung.
Der Buchdrucker geht im Winter in eine genetisch programmierte und hormonell gesteuerte „Entwicklungs- und Winterruhe“, eine Diapause. Eine wichtige biologische Funktion der Diapause ist, dass alle Tiere zu Winterbeginn im Adultstadium sind, da Eier, Larven und Puppen die kalte Jahreszeit nicht überleben würden. Buchdrucker haben also in ihren Genen ein Programm gespeichert, das zum Ziel hat, im Spätherbst keine Eier mehr zu legen, im Winter im Fortpflanzungszyklus zu pausieren, die Resistenz gegenüber kalten Temperaturen zu erhöhen und den Stoffwechsel auf ein Minimum herunterzufahren. Erst im darauffolgenden Frühling starten die überwinterten Käfer wieder mit der Fortpflanzung.
Feine Unterschiede finden
Es gibt nun Individuen, die unmittelbar und unabhängig von Umweltbedingungen in eine Diapause gehen, also nur einmal im Jahr Nachwuchs hervorbringen (obligat diapausierend). Andere Individuen prägen eine fakultative Diapause aus. Das heißt, sie lassen sich quasi vom Wetter überraschen und gehen, wenn die Tage kürzer werden, nur bei kühlen Temperaturen in die Ruhephase. Bis dahin können sie weiter Nachwuchs hervorbringen.
„Man weiß, dass es nicht das eine Diapausegen gibt, das die ,Winterruhe‘ in Insekten auslöst. Es spielen viele Gene zusammen, die Hormonkaskaden nach sich ziehen“, sagt Schebeck. „Der Buchdrucker ist als Modellorganismus so spannend, da wir innerhalb einer Population nach genetischen Unterschieden suchen, die bestimmen, ob ein Tier obligat nach einer Nachwuchsgeneration in Diapause geht oder fakultativ bei guten Bedingungen noch weitere Generationen hervorbringen kann“, erklärt Stauffer.
Man kann bei den Insekten also Individuen, die sich genetisch sehr ähnlich – weil aus einer Population – sind, nach feinen Unterschieden screenen, die bestimmen, ob der Schädlingsbefall nach der ersten Larvengeneration über-
(Ips typographus) ist einer der wichtigsten Forstschädlinge an der Fichte in Europa. Die adulten Käfer sind vier bis sechs Millimeter lang, die Larven kleiner. Sie ernähren sich vom weichen Bast unter der Rinde und schädigen so das Nährstoffleitsystem. Gesunde Fichten wehren sich durch Harzabsonderung gegen den Schädling. standen ist oder noch eine zweite oder sogar dritte Generation von Buchdruckern zu erwarten ist. Um so feine Unterschiede im Genom herauszufinden, kooperieren die Boku-Forscher mit Gregory Ragland von der University of Colorado Denver in den USA, wo sie mit moderner DNA-Sequenzierung und Bioinformatik arbeiten.
Ihre Forschungsobjekte sammeln sie im Freiland und züchten im Labor Generation für Generation weiter. Unter kontrollierten Lichtperioden- und Temperaturbedingungen erkennen die Forscher, welche Individuen unmittelbar in Diapause gehen und welche fakultativ vom Wetter abhängig.
Die genetische Grundlage dieser beiden Diapause-Strategien wird nun im nächsten Schritt untersucht, das Projekt läuft bis 2018. Dann könnte man durch die genetische Information der DiapauseAusprägung der Buchdrucker in einer Waldregion besser vorhersagen, wie viele Generationen und welche Schäden in einer Saison noch zu erwarten sind. (vers)