Gesucht: Das Gen für Unsterblichkeit
In Gegenden, in denen Menschen sehr alt werden, wird oft viel Olivenöl gegessen. Salzburger Biologen haben einen Grund für diese lebensverlängernde Wirkung gefunden.
Olivenöl ist gesund. Und es könnte dazu beitragen, das Leben zu verlängern. Dass das nicht nur eine Volksweisheit ist, sondern einen realen Hintergrund hat, haben Salzburger Wissenschaftler herausgefunden. „Wir waren auf Abenteuerurlaub in der Zelle“, scherzt Mark Rinnerthaler, Zellbiologe an der Universität Salzburg, über die spannenden Erkenntnisse der vergangenen Monate. Im Rahmen seiner Doktorarbeit hat der Biologe Johannes Bischof herausgefunden, welche Prozesse hinter der möglichen lebensverlängernden Wirkung von Olivenöl stehen könnten.
Die Salzburger haben dabei Lipid Droplets – kleine Fettkügelchen in der Zelle – unter die Lupe genommen. Diesen Lipid Droplets wurde bisher wenig Bedeutung beigemessen, erzählt der Dissertant. Dabei dürften sie dafür verantwortlich sein, wie Zellen Schäden – ausgelöst durch gefährliche Sauerstoffradikale – unschädlich machen.
Die Lipid Droplets können an die Mitochondrien andocken und diese durch Sauerstoffradikale geschädigten Kraftwerke der Zelle renovieren. Gefährliche Proteine werden umgelenkt und ein Prozess der Autophagie wird angestoßen: Die geschädigten Zellbestandteile werden einfach aufgefressen, die Zelle reinigt sich selbst.
Bäckerhefe brachte den Beweis
„Wir konnten nachweisen, dass Olivenöl diesen Prozess stimuliert“, erzählt Rinnerthaler. Das wurde sowohl an Bäckerhefe als auch mit Laborratten gezeigt. Sogar bei humanen Zellkulturen gelang der Nachweis, dass der Reinigungsprozess der Zelle stimuliert wird. „Wir können zeigen, warum dem Olivenöl die lebensverlängernde Wirkung nachgesagt wird“, ist Rinnerthaler stolz.
Doch damit sind längst nicht alle Fragen geklärt. Die Salzburger Forscher wollen herausfinden, welche Proteine von den Lipid Droplets umgelenkt werden und wie das genau funktioniert.
Die Arbeit der Zellbiologen ist nur ein Teilbereich des vor einem Jahr gegründeten Geronto-Netzwerks an der Universität Salzburg. Der Biologe und Altersforscher Günter Lepperdinger hat dabei viele Fachbereiche, die sich in Salzburg mit dem Altern auseinandersetzen, an einen Forschungstisch gebracht.
Psychologen sind ebenso dabei wie Soziologen, Sportwissenschaftler, Geografen oder Juristen. „Das Netzwerk ermöglicht einen Blick über den eigenen Tellerrand und bringt viele neue Aspekte in unsere Forschungsarbeit ein“, erklärt der Zellbiologe Klaus Richter. In Kürze erscheint ein Sammelband, zu dem unterschiedlichste Disziplinen ihre Erkenntnisse zur Altersforschung beitragen.
Wurm lebt zerteilt weiter
Ein Aspekt dabei geht weit über die mögliche Lebensverlängerung durch den Genuss von Olivenöl hinaus. Karolin Streubel befasst sich mit der Unsterblichkeit. Ihr Untersuchungsobjekt: ein winziger Plattwurm. Er heißt Dugesia tigrina, lebt normalerweise rund ein Jahr und hat ein schier unglaubliches Regenerationspotenzial.
„Zerstückelt man den Wurm, bilden sich aus allen Teilen neue Würmer, die wiederum eine Lebenserwartung von jeweils einem Jahr haben“, berichtet Streubel. Wird am Ende dieser Spanne der Wurm wieder zerstückelt, regenerieren sich alle Teile erneut. Eine
nennt man einen Prozess in den Zellen, bei denen die Zelle eigene Bestandteile abbaut und verwertet. Die Autophagie gilt auch als Schlüssel zu einem langen Leben, weil die Zellen nach einem über längere Zeit andauernden Hungersignal damit beginnen, sich selbst zu reinigen. 2016 erhielt der japanische Zellbiologe Yoshinori Osumi¯ den Nobelpreis für Medizin für seine Erkenntnisse über Autophagie. Grenze dieser künstlichen Lebensverlängerung ist für die Forscher bisher nicht absehbar.
Baut Proteinklumpen ab
Streubel und ihre Kollegen konnten das auch in menschlichen Zellen vorhandene Gen Cathepsin L identifizieren, das für diese „Unsterblichkeit“verantwortlich ist. Dieses Gen spaltet Proteinaggregate und baut diese ab.
Die verklumpten Proteine spielen beispielsweise bei der Entstehung von Alzheimer eine Rolle und gelten generell als ein Kennzeichen der alternden Zellen. „In Hefe konnten wir nachweisen, dass Cathepsin L deren Leben um rund 30 Prozent verlängert“, berichtet Streubel.
Sie ist zuversichtlich, dass eine Stimulierung von Cathepsin L auch beim Menschen lebensverlängerndes Potenzial hat. In den kommenden Jahren soll die Wirkungsweise in humanen Zellkulturen untersucht werden.