Damit Parlament und Rat eine Einigung finden, wird vermittelt
Kompromissverfahren. Im Vermittlungsausschuss und im informellen Trilog wird abseits der Öffentlichkeit eine Einigung ausgelotet.
Brüssel. Die EU-Gesetzgebung kann lange dauern. Nachdem die EU-Kommission einen Vorschlag vorgelegt hat, vergehen oft viele Monate, in einigen Fällen sogar Jahre, bis neues EU-Recht in Kraft treten kann. Das hat mit dem langwierigen Verfahren zu tun, das sowohl im Europäischen Parlament als auch im Rat über mehrere Stufen versucht, die notwendigen Mehrheiten zu sichern. Meist entsteht eine Verzögerung schon, wenn die EUAbgeordneten für neue Richtlinien und Verordnungen Änderungen verlangen. Dann muss nämlich auch der Rat der EU diesem veränderten Gesetz zustimmen. Auch die EU-Kommission wird mit Stellungnahmen in diesem Verfahren einbezogen. Gelingt den beiden Legislativorganen der EU (Parlament und Rat) in zwei Versuchen keine Lösung, wird ein Vermittlungsausschuss eingesetzt.
Er besteht zur Hälfte aus Vertretern der Mitgliedstaaten und zur Hälfte aus EU-Abgeordneten. Die Kommission nimmt an den Beratungen teil, hat aber kein Recht mitzuentscheiden. Nach der Einberufung hat der Vermittlungsausschuss sechs Wochen Zeit, einen Kompromiss zu erzielen. Kommt dieser nicht zustande, gilt die Gesetzesinitiative als gescheitert. Haben die Vertreter der beiden EU-Legislativorgane hingegen eine Einigung erzielt, muss der Gesetzestext in einer sogenannten dritten Lesung mit absoluter Mehrheit im EU-Parlament und mit qualifizierter Mehrheit im Rat der EU endgültig abgesegnet werden.
Ein Vermittlungsausschuss wird allerdings eher selten einberufen. Das hängt auch mit der Einführung des sogenannten informellen Trilogs zusammen. Seit dem Vertrag von Amsterdam (1999) können sich EU-Kommission, EU-Parlament und Rat schon vorab über eine mögliche Einigung verständigen. In der vergangenen Legislaturperiode des Europaparlaments wurden 93 Prozent der Entscheidungen auf diese Weise vorbereitet.
Das EU-Parlament entsendet in den Trilog den jeweiligen Ausschussvorsitzenden, den Berichterstatter für das neue Gesetz sowie die Schattenberichterstatter der Fraktionen. Der Rat ist durch einen Repräsentant des Vorsitzlandes, durch den Vorsitzenden des zuständigen Ausschusses der Ständigen Vertreter und den Vorsitzenden der vorbereitenden Ratsarbeitsgruppe vertreten. Die EU-Kommission versucht eine Einigung zu vermitteln und nimmt durch hohe Beamte teil, die für das jeweilige Dossier verantwortlich sind.
Sowohl der Vermittlungsausschuss als auch der informelle Trilog sind nicht öffentlich. Umso bedeutender ist, dass letztlich sowohl der Rat der EU als auch das Europaparlament öffentlich über das Ergebnis der Kompromisssuche abstimmen müssen. (wb)